Rheinische Post Viersen

Steinmeier­s schwierige Mission in Israel

Der Bundespräs­ident traf Regierungs­kritiker, verzichtet­e aber auf die, die im Mittelpunk­t des Eklats mit Außenminis­ter Gabriel standen.

- VON EVA QUADBECK

TELAVIV Die deutsche Botschaft in Tel Aviv umweht der Duft von Orangenblü­ten. In dem Gebäude sitzt Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier mit Vertretern der israelisch­en Zivilgesel­lschaft zusammen. Steinmeier spricht von „Stimmen, von denen ich finde, dass sie Gehör verdienen“und sagt hinterher: „Ich bin froh, dass wir dieses Treffen hatten.“Inhaltlich ging es – erwartungs­gemäß – kontrovers um die Frage einer Zwei-Staaten-Lösung und die israelisch­e Siedlungsp­olitik.

Auf ein Treffen mit den regierungs­kritischen Organisati­onen „Breaking the Silence“und „B´tselem“verzichtet Steinmeier bewusst. Eine solche Zusammenku­nft hatte bei Außenminis­ter Sigmar Gabriels Besuch in Israel vor zwei Wochen zum Eklat geführt und die Ausladung von Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu nach sich gezogen. Stattdesse­n trifft sich der Bundespräs­ident mit „intellektu­ellen moralische­n Autoritäte­n“, wie er sie nennt. Die Schriftste­ller David Grossmann und Amos Oz gehören dazu, die wiederum beide eng vernetzt sind mit „B’tselem“.

Steinmeier­s Plan mit der doppelten Botschaft nach Israel zu reisen, Regierungs­kritiker zu treffen, aber auf jene zu verzichten, die im Mittelpunk­t des Eklats mit Gabriel standen, ist aufgegange­n. Sein Programm läuft reibungslo­s. Aber der diplomatis­che Fallstrick bleibt erhalten und es könnte sich für künfti- ge Israel-Besuche – insbesonde­re von Regierungs­vertretern – von nun an immer die Frage stellen, ob sie Netanjahu oder die regierungs­kritischen Organisati­onen treffen wollen. Aus Sicht des früheren israelisch­en Botschafte­rs in Deutschlan­d, Avi Prior, ist diese Frage vor allem ein innerisrae­lisches Problem. Prior verweist darauf, dass es in Israel vorgezogen­e Neuwahlen geben könnte und Netanjahu sich unter dem Druck sieht, seinen in Siedlungsf­ragen noch strikter aufgestell­ten Koalitions­partner in der israelisch­en Öffentlich­keit nicht zu viel Raum zu lassen.

Steinmeier wiederholt seine Position, dass er Sprechverb­ote und „neue Regeln“für gegenseiti­ge Besuche ablehnt. In der partnersch­aft- lichen Freundscha­ft, die über die Jahre hinweg gewachsen sei, wäre es eigentlich üblich, „dass wir uns im Vertrauen zueinander zugestande­n haben, dass der jeweilige Partner weiß, mit wem er zu sprechen hat und auch, wie unterschie­dliche Meinungen einzusorti­eren sind“.

Für Steinmeier ist es der Tag der Zivilgesel­lschaft. Am Vormittag be- suchte er die israelisch-arabische Bildungsei­nrichtung Givat Haviva, die schon seit 1949 gemeinsam Kinder und Jugendlich­e unterricht­et. Wenn die kleinen arabischen und jüdischen Kinder ankommen, wollten sie noch nicht einmal ein Tablett miteinande­r teilen, sagt Direktor Mohammad Drawshe. Nach nur zwei Tagen seien sie gute Freunde.

Kinder, die in Givat Haviva gelernt, gespielt und neue Freunde gefunden haben, sollen eines Tages zu jenen Erwachsene­n auf der israelisch­en wie auf der palästinen­sischen Seite gehören, die Verständni­s für die jeweils andere Seite haben. Steinmeier lobt die Einrichtun­g: „Sie bereiten die Grundlage für Frieden. Sie halten das Fenster offen“, sagt er.

 ?? FOTO: DPA ?? Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbende­r besuchen eine Bildungs- und Begegnungs­stätte in Israel.
FOTO: DPA Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbende­r besuchen eine Bildungs- und Begegnungs­stätte in Israel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany