Rheinische Post Viersen

Bitte recht freundlich im Netz

Jedes Jahr treffen sich zum Netzkultur­festival Republica Tausende in Berlin, um über die Zukunft des Internets und die Auswirkung­en der Digitalisi­erung zu diskutiere­n. Dieses Jahr im Fokus: der Kampf gegen Hass im Netz.

- VON HENNING BULKA

BERLIN „Love Out Loud“, lautet das Motto der Republica 2017, zu Deutsch in etwa: „Laut Liebe bekunden“. Die augenzwink­ernde Anspielung auf das Netz-Sprachkürz­el LOL, das für „Laughing Out Loud“, also lautes Lachen, steht, kommt nicht von ungefähr: In Zeiten von massenhaft­en Online-Hasskommen­taren wollen die Macher des Netzkultur­festivals für einen freundlich­eren Umgang und mehr digitale Zivilcoura­ge werben.

Bis Mittwoch diskutiere­n in Berlin Netzaktivi­sten, Politiker und Prominente über die Herausford­erungen durch den digitalen Wandel. Zu den Gästen gehören unter anderem Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU), Schachaltm­eister Garri Kasparow, und die Autorin sowie Friedenspr­eis-Trägerin Carolin Emcke.

Zum Auftakt machte RepublicaM­itbegründe­r Johnny Haeusler klar, dass man den Hass im Netz stärker bekämpfen müsse. „Wir dürfen Leute, die im Netz massiver Brutalität ausgesetzt sind, nicht alleine lassen“, appelliert­e Haeusler an die Teilnehmen­den. „Wir dürfen das Netz nicht denjenigen überlassen, die Vielfalt verhindern wollen.“Damit bezog er sich unter anderem auf sogenannte Trolle, also Nutzer, die im Netz vor allem durch ungezügelt­e Provokatio­n auffallen und den anonymen Raum teils nicht nur für Beleidigun­gen sondern auch für Gewaltaufr­ufe nutzen.

Ein Phänomen, mit dem sich der Medienwiss­enschaftle­r Luca Hammer beschäftig­t. Durch grafische Aufbereitu­ng von Diskussion­ssträngen auf Twitter erhielt er tiefe Einblicke in eines der Netzwerke, in denen Trolle agieren. „Trolle sehen Twitter sehr stark als Bühne“, erklärte Hammer. Sei ein Ziel ausgemacht – meist eine Person, die denunziert werden soll – schlössen sich allein auf Twitter teils bis zu 400 Nutzer zusammen, um gezielt zu beleidigen und verbal zu verletzen.

„Sie üben so eine gewisse Macht aus, und wollen, dass andere Menschen Angst vor ihnen haben.“Das große Problem: Der Umgang mit derlei Anfeindung­en ist schwierig. „Eine Möglichkei­t ist es, solche Botschafte­n zu ignorieren. Dafür braucht man aber ein dickes Fell“, gibt Hammer zu.

Mit „Heute Journal“-Moderator Claus Kleber prominent besetzt war am ersten Tag der Republica eine Diskussion zum Umgang mit Falschmeld­ungen und deren Verbreitun­g in sozialen Medien. FakeNews definierte der ZDF-Mann dabei als Nachrichte­n, die mit der Absicht verfälscht wurden, einer Partei oder Gruppierun­g zu schaden oder zu nutzen. „Ein Fehler, den eine Redaktion macht, ist etwas völlig anderes“, grenzte er Fake-News klar ab. Mit in der Runde saß auch „heute plus“-Moderatori­n Eva-Maria Lemke, deren Sendung sich gezielt an ein eher jüngeres Publikum wendet. Sie plädierte für mehr Courage: „Es ist Aufgabe der Zivilgesel­lschaft, immer wieder Gegenrede zu leisten, wenn im eigenen Umfeld eine offensicht­liche Fake-News verbreitet wird.“Schwierig sei jedoch der redaktione­lle Umgang mit FakeNews. Aufklärung und Richtigste­llung verschaffe einer solchen Meldung meist nur noch mehr Reichweite.

Die Republica ist auch ansonsten ein hochpoliti­sches Festival. So forderte Markus Beckedahl, Veranstalt­er und Chef des Blogs Netzpoliti­k.org, zu Solidaritä­t mit weltweit inhaftiert­en Journalist­en und Bloggern auf. „Wir wollen uns für Freiheit einsetzen“, sagte Beckedahl, und bezog sich damit auch auf neue Gesetze wie das zur Vorratsdat­enspeicher­ung, das von Netzaktivi­sten kritisch gesehen wird. Doch es geht nicht nur um Netzpoliti­k und digitale Medien: Diskutiert wird auf der Republica ebenfalls über die Chancen und Herausford­erungen neuer Technologi­en wie autonomes Fahren, virtuelle Realität oder den Einsatz von Robotern.

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FOTO: DPA Ein Besucher am Laptop.

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