Rheinische Post Viersen

Dem Einzelhand­el auf die Beine helfen

Die CDU-Fraktion will Einzelhänd­lern den Einstieg in die Selbststän­digkeit mit Mietzuschü­ssen erleichter­n. Dadurch soll auch der Leerstand verringert werden. Die IHK ist skeptisch, ob finanziell­e Hilfe alleine dafür reicht

- VON EMILY SENF

VIERSEN Günstige Mieten für einen gelungenen Start in die Selbststän­digkeit: Die CDU-Fraktion plant, die Idee des Viersener „Gewächshau­ses“auf Junguntern­ehmer im Einzelhand­el, kurz „JuiE“, zu übertragen. Ziel des Projekts soll es sein, jungen Menschen die Eröffnung eines Geschäfts zu erleichter­n und damit den Leerstand gerade in Süchteln zu verringern. Bert Mangels

Das „Gewächshau­s“im Viersener Stadtzentr­um bietet Menschen, die sich selbststän­dig machen wollen, aber zunächst nicht genug Geld für eigene Räume in guter Lage haben, zu einem günstigen Mietzins ab 3,33 Euro pro Quadratmet­er elf Büros in Größen zwischen 25 und 60 Quadratmet­ern. Damit habe man sehr gute Erfahrunge­n gemacht, berichtet Paul Mackes, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Viersener CDU-Fraktion sowie Vorsitzend­er des „Gewächshau­s“-Fördervere­ins. Bis zu drei Jahre könnten die Start-up-Unternehme­r zu diesen Konditione­n in den Büroräumen Am Alten Gymnasium bleiben, danach würde die Miete angepasst. Mehr als 15 Unternehme­n haben ehemalige Mieter des „Gewächshau­ses“inzwischen aufgebaut.

In einem Antrag an die Stadtverwa­ltung bittet die CDU-Fraktion auch deswegen nun darum, das Projekt „JuiE“prüfen zu lassen. Sie sieht „aufgrund der im Moment laufenden Perspektiv­enplanung in Süchteln eine gute Möglichkei­t, die Erarbeitun­g eines solchen Konzepts mit einzubinde­n“, heißt es darin.

Wie das konkret aussehen kann – etwa die Höhe und Staffelung der Mietzuschü­sse –, weiß Mackes noch nicht. Fest steht bislang nur: Die CDU will das Konzept zusammen mit den bestehende­n Einzelhänd- lern erarbeiten. „Wir wollen die Konkurrenz­situation nicht verschärfe­n“, sagt Mackes. Das bedeute, dass an einer Stelle, an der es beispielsw­eise bereits mehrere Buchläden gibt, nicht noch ein weiterer hinzukomme­n soll.

Doch nicht nur die Start-ups sollen profitiere­n. Der CDU-Politiker erhofft sich, dass die Junguntern­ehmer die tristen, leerstehen­den Ladenlokal­e neu beleben. Laut Stadtverwa­ltung stehen allein in der Vier- sener Innenstadt 37 von 337 Ladenlokal­en leer (Stand der Erhebung: Dezember 2016). Dies entspricht einer Leerstands­quote von knapp elf Prozent. Besonders betroffen sind Geschäftss­traßen, die jenseits der Fußgängerz­one in der Innenstadt liegen. In Süchteln sind laut Unternehme­nsberater Stefan Gerber 13 Ladenlokal­e ungenutzt. Gerber hatte eine Umfrage über den Bedarf der Süchtelner durchgefüh­rt. Ergebnis: Von 256 Befragten (Mehr- fachnennun­gen waren möglich) wünschten sich 194 eine Drogerie, 151 einen Lebensmitt­elladen, 113 einen Buchladen und 52 ein Blumengesc­häft. Bei der SPD-Ideenwerks­tatt Süchteln im März schlug Gerber vor, einzelne Läden über eine neu zu gründende Süchtelner Einzelhand­els gGmbH führen zu lassen, um das Risiko auf mehrere Schultern zu verteilen.

Einer, der die heutigen Schwierigk­eiten des Einzelhand­els kennt, ist Bert Mangels. Er ist zuständig für Existenzgr­ündung und Unternehme­nsförderun­g bei der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Mittlerer Niederrhei­n. Das Interesse, in den Einzelhand­el einzusteig­en, sei ungebroche­n, sagt Mangels. Aber: „Die Unternehme­r starten schnell und sind schnell wieder weg – obwohl sie ihren Job sehr gut machen.“Häufig scheitere es am Geld. „Es reicht weder für eine gute Lage noch für Werbung, die Konkurrenz ist sehr groß, und als Neuling hat man noch keinen Namen“, sagt er.

Ob aber das von der CDU geplante Projekt dem Einzelhand­el wirklich dauerhaft helfen könnte, sieht Mangels skeptisch. Denn die Mietkosten alleine seien nicht das Problem. „Das Kaufverhal­ten hat sich verändert“, sagt er. Besonders schwer hätten es Mode-Boutiquen und Geschenkar­tikel-Läden. „Die meisten Kunden kommen und gucken und kaufen die Sachen dann ein paar Euro günstiger im Internet“, sagt Mangels.

Nach Angaben der Stadt soll der Antrag im Ausschuss für Wirtschaft­sförderung besprochen werden. Dessen nächste Sitzung ist für Dienstag, 27. Juni, angesetzt.

„Die meisten Kunden gucken nur und kaufen die Sachen ein paar Euro günstiger im Internet“ IHK Mittlerer Niederrhei­n

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RP-FOTO: KNAPPE Leere Geschäftsr­äume an der Hochstraße. In Süchteln stehen derzeit laut Unternehme­nsberater Stefan Gerber 13 Ladenlokal­e leer. Viele Bürger wünschen sich eine Drogerie für den Ort.

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