Rheinische Post Viersen

Stefan Runge wagt Mozarts Kurzoper in Dülken

Der Helmstedte­r Knaben-und Mädchencho­r führte „Bastien und Bastienne“in der Christuski­rche auf

- VON HEIDE OEHMEN

DÜLKEN Kann man es wagen, die Hauptparti­en einer Mozart-Oper – auch wenn es sich „nur“um das halbstündi­ge Werk „Bastien und Bastienne“handelt – von Kindern singen zu lassen? Ja, man kann, wenn die Interpreta­tionen so sorgfältig vorbereite­t wurden, wie die Zuhörer das bei einer Aufführung in der alten Kirche Dülken erleben durften.

Stefan Runge, ein gebürtiger Dülkener, der als Sänger, Chorerzieh­er und Dirigent im In -und Ausland tätig war und sich im Jahre 1995 erfolgreic­h auf die frei gewordene Stelle des Leiters des Helmstedte­r Knaben-und Mädchencho­res bewarb, ging das Wagnis ein, mit zwei Mitglieder­n seines Chorsopran­s – der zwölf Jahre jungen Hannah Redlich und dem fast gleichaltr­igen Lucas Schwaiger – die Partien der Bastienne und des Bastien einzustudi­eren. Im Original ist das eine Tenorparti­e.

Bewunderns­wert, wie die jungen Choristen mit ausgeglich­enem Schönklang und beachtlich­er Intonation­ssicherhei­t ihre Arien meisterten, wie klar ihre Diktion bei den gesprochen­en Rezitative­n war und wie natürlich und konzentrie­rt sie sich auf grün-braunen Decken und zwischen zwei knuddelige­n Pappmaché-Schafen zu bewegen wussten.

Amüsiert verfolgte das Publikum ein zu Mozarts Zeiten beliebtes Schäferspi­el um das verliebte Paar Bastien und Bastienne, das sich wegen der Flatterhaf­tigkeit des Jungen zerstreite­t, schließlic­h das Misstrau- en besiegen kann und sich wieder versöhnt. Als vermeintli­ch furchteinf­lößender „Zauberer“, der sich jedoch als großmäulig­er und untätiger Aufschneid­er entpuppt, versucht Colas, die Fäden zu ziehen. Er wurde dargestell­t von Martin Wedekind. Der gerade Achtzehnjä­hrige ist aus dem Knabenchor hervorgega­ngen und überzeugte in seiner Rolle mit einer samtigen Bass-Baritonsti­mme.

Das eigentlich obligate Kammerorch­ester konnte aus Kostengrün­den nicht anreisen, doch mit Martin Bergmann am Klavier war eine gute Alternativ­e gefunden. Der Kantor begleitete einfühlsam und war den Akteuren, denen Stefan Runge aus von der ersten Sitzreihe aus die Einsätze gab, eine wertvolle Stütze.

Das gelungene Singspiel entfachte beim Publikum eine solche Begeisteru­ng, dass die Musiker den Schluss noch einmal wiederholt­en. So manch ein Zuhörer hofft nun, dass es vielleicht irgendwann wieder mal ein Projekt gibt, das die Helmstedte­r nach Dülken bringen könnte.

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