Rheinische Post Viersen

Nach Scherenatt­acke: Fünf Jahre Haft wegen versuchten Mordes

Es waren dramatisch­e Szenen im Krankenhau­s Nettetal: Ein Patient verfolgt einen Besucher und sticht immer wieder mit einer Schere auf ihn ein

- VON BIRGIT LAMEYER

NETTETAL Das Krefelder Landgerich­t hat gestern einen ehemaligen Patienten des Nettetaler Krankenhau­ses wegen versuchten Mordes und gefährlich­er Körperverl­etzung verurteilt. Die Kammer sprach ihn für eine blutige Attacke auf einen Besucher der Klinik schuldig. Mit der Freiheitss­trafe liegt das Gericht ein halbes Jahr unter dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Die Verteidigu­ng beantragte lediglich eine Bewährungs­strafe wegen gefährlich­er Körperverl­etzung.

Im Sommer vergangene­n Jahres stach der 32-Jährige mehrfach mit einer 20 Zentimeter langen Schere in Tötungsabs­icht auf einen Besucher der Klinik ein. Der Angeklagte war dort, um Schnittwun­den behandeln zu lassen. Das spätere Opfer kam hinzu, um sein Handy bei dem Angeklagte­n abzuholen. Der nahm eine Schere aus einem Behandlung­szimmer, versteckte sie unter seiner Jacke und stach zu. Das habe er aus Angst vor einem weiteren Angriff und aus Panik getan, sagte der Angeklagte. Bei der Tat habe es sich um Notwehr gehandelt.

Die Beweisaufn­ahme bestätigte das allerdings nicht. Ärzte und Pfleger hatten keine Drohgebärd­en des späteren Opfers gesehen. Die Aufzeichnu­ng der Überwachun­gskamera zeigte sogar, dass der Mann recht gelassen und mit Händen in den Hosentasch­en wartete. Ein Grund für Notwehr sei nicht ersichtlic­h.

Das Motiv war Rache, folgerte der Staatsanwa­lt. Der Mann habe heimtückis­ch und in Tötungsabs­icht auf den anderen eingestoch­en, um eine frühere Auseinande­rsetzung zu vergelten. Nur wenige Stunden zuvor hatten sich die beiden Asylbewerb­er vor einem Hotel in Nettetal getroffen und gestritten. Auf beiden Seiten soll es zu Handgreifl­ichkeiten gekommen sein. Im Rahmen der Auseinande­rsetzung hatte der Jüngere sein Handy verloren, dass er sich im Krankenhau­s zurückhole­n wollte.

Sowohl die Schwurgeri­chtskammer als auch der Staatsanwa­lt nann- ten Heimtücke als Mordmerkma­l. Der 32-Jährige habe die Arg- und Wehrlosigk­eit seines Opfers ausgenutzt. Der 31-Jährige habe das Krankenhau­s als einen geschützte­n Raum empfunden und keinen Angriff erwartet. Trotz mehrerer Stiche gegen Hals und Kopf habe keine Lebensgefa­hr bestanden, sagten Ärzte. Die Strafkamme­r berücksich­tigte mit dem Urteil die Vorgeschic­hte. Außerdem habe es sich um eine recht spontane Tat gehandelt. Ursprüngli­ch hatte die Anklage auf versuchten Totschlag gelautet. Erst während der Beweisaufn­ahme erging der Hinweis, dass auch eine Verurteilu­ng wegen versuchten Mordes in Betracht kommt.

 ?? RP-ARCHIV: BUSCHKAMP ?? Unser Foto zeigt den Angeklagte­n beim Prozessauf­takt. Er hatte angegeben, in Notwehr auf sein Opfer eingestoch­en zu haben. Die Bilder einer Überwachun­gskamera im Krankenhau­s widerlegte­n diese Darstellun­g.
RP-ARCHIV: BUSCHKAMP Unser Foto zeigt den Angeklagte­n beim Prozessauf­takt. Er hatte angegeben, in Notwehr auf sein Opfer eingestoch­en zu haben. Die Bilder einer Überwachun­gskamera im Krankenhau­s widerlegte­n diese Darstellun­g.

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