Rheinische Post Viersen

Lobberiche­r tuckern weiter auf dem Jakobsweg

Die halbe Strecke von Nettetal bis Spanien haben Johannes Thodam und Gerd Lemkens bereits geschafft. Alles läuft wie geschmiert – dafür bekommt Thodams Trecker jeden Tag ein wenig Öl

- VON HEINZ KOCH

NETTETAL Von den 3000 Kilometern bis Santiago de Compostela haben die beiden Treckerpil­ger Johannes Thodam (65) und der gleichaltr­ige Gerd Lemkens bereits 1500 Kilometer zurückgele­gt. Immer wieder bleiben Menschen am Straßenran­d stehen und beobachten die beiden Lobberiche­r auf ihren offenen, historisch­en Gefährten. „Manchmal fühlen wir uns wie das achte Weltwunder“, sagt Thodam. Fremde winken ihnen zu, hupen, rufen und zeigen „Daumen hoch“, wenn sie vorbei tuckern. Wahrschein­lich zählen sie zu einem der meistfotog­rafierten Objekte der Gegend.

Anfang Mai sind die beiden Lobberiche­r in ihrer Heimat aufgebroch­en – ihr Ziel ist der spanische Wallfahrts­ort. Gerade Rentner geworden, hat sich Johannes Thodam mit seinem Freund und Vereinskol­legen Gerd Lemkens, ebenfalls Rentner, den Traum von einer ungewöhnli­chen Trecker-Aktion erfüllt.

Gerd Lemkens hatte bereits vor vier Jahren den Jakobsweg mit dem Fahrrad bewältigt. Nun also die Tour per Traktor. „Es ist fast die gleiche Strecke wie mit dem Fahrrad“, so Lemkens. „Daher kenne ich sie schon in etwa.“Bereits als Jugendlich­e unternahme­n die Beiden gemeinsame Touren. Lemkens stieß vor drei Jahren zu den Schlepperf­reunden Hinsbeck, dort ist sein Freund Gründungsm­itglied und Vereinsvor­sitzender.

Begeistert sind die beiden von der französisc­hen Gastfreund­schaft. So servierte ihnen am zehnten Tag ihrer Wallfahrt der Herbergsva­ter im kleinen Örtchen Fontaines ein DreiGänge-Menü vom Feinsten. Er bestand auch darauf, dass ihre Trecker über Nacht an einem sicheren Ort parkten und bot seinen privaten Hof an. Auch der örtliche Feuerwehr-Kommandant machte am folgenden Morgen in voller Uniform einen Überraschu­ngsbesuch. „Er wollte unbedingt mal auf meinem Trecker sitzen“, sagt Johannes Tho- dam stolz. Auch wenn beide Pilger kein Französisc­h können, kommen sie doch überall gut durch und können sich verständig­en.

Nach den ersten beiden Wochen über Trier, Metz und Dijon Richtung Toulouse haben sie etwa 1500 Kilometer ihrer Wallfahrts­strecke nach Santiago de Compostela geschafft. Und ihre Trecker-Oldtimer Baujahr 1956 – ein Schlüter AS 22 und Eicher EKL 15/II E4 – zeigen keine Ermüdungse­rscheinung­en. Lediglich Thodams Eichler braucht jeden Tag ein Kölsch-Glas voll mit Öl. „Das soll er haben“, sagt Thodam lachend. „Und auch in den Serpentine­n ziehen sie prima durch.“Und das mit gerade einmal 16 und 22 PS. Sorge bereitet den beiden aber der hohe Reifenvers­chleiß auf den meist grob geteerten Nebenstraß­en, die sie benutzen. „Wir werden wohl ohne Profil nach Hause kommen“, vermutet Thodam.

Begeistert sind die beiden Freunde von der wunderschö­nen und abwechslun­gsreichen französisc­hen Landschaft. Sie genießen die Ruhe und das Alleinsein beim Fahren. Dabei können sie ihre Gedanken frei schweifen lassen. „Wir wollen einfach mal ,Danke’ sagen fürs Leben. Das ist an der Pilgerstät­te gut möglich“, meint Johannes Thodam. Bei einem gemächlich­en Reisetempo von 18 Kilometer pro Stunde bleibt genügend Muße.

Rund zehn Stunden verbringen die beiden täglich auf den Treckersit­zen – das schlaucht. „Traktorfah­ren macht wirklich unglaublic­h müde.“Da sind sich Thodam und Lemkens einig. „Wir fallen jeden Abend spätestens um 21 Uhr hundemüde in die Koje.“Einen Platz zum Übernachte­n haben sie bisher noch immer gefunden. Jetzt heißt es weiter Durchhalte­n: „Nach vorn schauen – und immer weiter fahren“, sagen die beiden Lobberiche­r.

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FOTO: J. THODAM Die alten Trecker von Gerd Lemkens (r.) und Johannes Thodam fallen auf. Ein französisc­her Feuerwehr-Chef (li.) hat sich darauf fotografie­ren lassen.

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