Teures Ende der Fusions-Träume
Auf der Hauptversammlung der Deutschen Börse hagelte es Kritik am Chef.
FRANKFURT Die gescheiterte Fusion der Deutschen mit der Londoner Börse (LSE) hat Kosten von 76,5 Millionen Euro verursacht – inklusive der Rückabwicklung von einer Million Euro. Das sagte Deutsche-BörseChef Carsten Kengeter auf der Hauptversammlung. Das Zusammengehen mit London war vor allem am politischen Widerstand nach dem Brexit gescheitert – in der Frage des einzigen Holding-Sitzes London hatten die Briten nicht mit sich reden lassen. Ende März war das Projekt abgelehnt worden.
Vor allem Kleinaktionäre zeigten sich gestern erleichtert: „Herr Kengeter wollte uns schlicht und einfach verkaufen, und das wäre darauf hinausgelaufen, dass die Börse Frankfurt in ungefähr fünf bis zehn Jahren gegen null gegangen wäre“, sagt einer, „im Prinzip wäre es eine gute Sache gewesen, wenn der Firmensitz hier in Deutschland, in Frankfurt, geblieben wäre“, ein anderer. Allerdings hatte die große Mehrheit der Anteilseigner der Fusion 2016 zugestimmt.
Kengeter und Aufsichtsratschef Joachim Faber mussten sich Kritik am Ermittlungsverfahren wegen Insiderhandels gegen den Börsenchef gefallen lassen. Der hatte im Dezember 2015 Aktien im Wert von rund 4,5 Millionen Euro gekauft, die ihm Ansprüche auf die variable Vergütung sicherten. Zehn Wochen später wurden die Verhandlungen über die Fusion öffentlich.
Es fehle an Fingerspitzengefühl seitens der Verwaltung, kritisierte Andreas Lang von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz: „Es kann nicht sein, dass gegen den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Börse wegen Insiderhandels ermittelt wird.“Das Timing des Aktienkaufs sei „suboptimal“gewesen, so Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Die Aktionäre kritisierten die Manager auch für mangelnde Vorsicht im Hinblick auf einen Brexit: „Wie blauäugig kann man nur sein, zu glauben, die deutsche Börsenaufsicht werde im Brexit-Fall einen Unternehmenssitz außerhalb der EU erlauben?“, fragte Lang. Martin Weimann von der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger forderte einen Rücktritt des Börsenchefs. Aufsichtsratschef Faber will zunächst den Ausgang der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten.