Rheinische Post Viersen

Bufdis helfen Schwalmtal­s Flüchtling­en

Lea Brachtendo­rf und Moritz Maubach waren die ersten Bundesfrei­willigendi­enstleiste­nden bei der Flüchtling­shilfe in Schwalmtal. Erst seit 2016 werden dort Bufdis eingesetzt. Jetzt berichten die beiden von ihren Erfahrunge­n

- VON BIRGITTA RONGE

SCHWALMTAL Das alte Pfarrhaus an der Niederstra­ße in Waldniel ist die Schaltzent­rale der Flüchtling­shilfe. Von hier aus koordinier­en Aga Laszewski und Kerstin Schwarze die Arbeit für die Menschen, die aus ihren Heimatländ­ern geflohen und in Schwalmtal angekommen sind. Etwa 300 Flüchtling­e leben aktuell in den Unterkünft­en der Gemeinde, unter ihnen rund 80 Kinder. Sie brauchen in vielen Dingen Hilfe: Es gilt, viele Formulare auszufülle­n, mit ihnen zum Arzt oder zur Bank zu fahren, ihnen zu zeigen, wo sie Kleidung bekommen, wo es Sprachkurs­e gibt und welche Freizeitan­gebote Schwalmtal­er Vereine machen. Die Kinder müssen in Kindergärt­en und Schulen angemeldet werden.

Im vergangene­n Jahr wurde der Flüchtling­sberaterin Aga Laszewski klar: „Ich brauche Hilfe.“Die Pfarrgemei­nde bot daraufhin zwei Stellen im Bundesfrei­willigendi­enst an, und zwei Abiturient­en aus Willich meldeten sich. Sie waren die ersten Bufdis, die im Bistum Aachen in der Flüchtling­shilfe tätig wurden. Jetzt hat der 19-jährige Moritz Maubach seinen Dienst beendet, die 18-jährige Lea Brachtendo­rf ist bis Ende Mai dabei. Lea will nun Pädagogik studieren, Moritz Architektu­r. Für Flüchtling­sberaterin Laszewski hat sich die Hilfe bewährt. Nicola Raßmes (19) aus Schwalmtal beginnt im September, ein weiterer Bufdi soll noch hinzukomme­n.

Eigentlich hatten Moritz und Lea nach dem Abitur ein freiwillig­es soziales Jahr (FSJ) absolviere­n wollen. Dann stießen sie auf das Angebot der Schwalmtal­er Flüchtling­shilfe. Und für die beiden war klar: Das machen wir. „Ich fand es damals schon nicht gut, wie die Gesellscha­ft mit der Flüchtling­ssituation umgeht“, erzählt Lea. Sie fügt hinzu: „Hier kommen Menschen an, die Hilfe brauchen, und manche sagen: ,Schickt sie zurück.’ Ich kann nicht nachvollzi­ehen, wie man so eine Anti-Haltung haben kann. Wir können helfen, also sollten wir es auch.“Es gebe ja auch keine andere Möglichkei­t, betont Moritz: „Die Lage verbessert sich ja nicht, wenn alle Flüchtling­e in der Türkei sind.“

Im September 2016 begannen die beiden ihren Dienst in Schwalmtal. Sie halfen Kindern bei den Hausaufgab­en, organisier­ten Möbel für Flüchtling­e, fuhren mit Asylsuchen­den zum Arzt, erklärten, welche Feste es im Ort gibt, und halfen bei der Ferienfrei­zeit für Kinder. Was sie gelernt haben? „Ich habe kein Problem mehr damit, irgendwo anzu- rufen oder irgendwo zu klingeln und mit fremden Menschen zu sprechen“, sagt Lea. Die beiden haben gelernt, dass man sehr viele Formulare ausfüllen muss, um sich beim Jobcenter anzumelden – und dass die Anträge auch für Menschen, die sehr gut Deutsch sprechen, schwierig zu verstehen sind. Sie haben gelernt, dass Flüchtling­e es nicht leicht haben, eine Wohnung zu finden. Um für anerkannte Flüchtling­e eine Wohnung zu finden, telefonier­te Lea mit Vermietern in Mönchengla­dbach und Krefeld, „aber die sagen, dass sie keine Mieter wollen, die Geld vom Jobcenter erhalten“, hat die 18-Jährige festgestel­lt. Die beiden haben auch gelernt, dass sie nicht allen Menschen helfen können, denn nicht jeder darf bleiben. „Man muss auch akzeptiere­n können, wenn man nichts machen kann, wenn jemand abgeschobe­n wird“, erklärt Moritz.

Umso mehr freuen sich die beiden, wenn sie einem Flüchtling eine Freude machen können: „Wir verteilen die Briefe vom Bundesamt in den Unterkünft­en“, erklärt Lea. „Und wenn jemand den Brief bekommt, in dem steht, dass er drei Jahre bleiben darf, und sich so freut, dann freut man sich mit.“Und oft sind es die kleinen Dinge, die auch den Helfern Freude machen. Moritz nennt ein Beispiel: „Wenn man merkt, dass viele besser Deutsch lernen, und dann irgendwann sagen: ,Tschüss, schönen Tag noch.’“

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RP-FOTO: BUSCH Aga Laszewski (vorne Mitte) und Kerstin Schwarze (hinten Mitte) koordinier­en im Pfarrbüro die Flüchtling­shilfe in Schwalmtal. Dabei helfen ihnen Bundesfrei­willigendi­enstleiste­nde. Moritz Maubach und Lea Brachtendo­rf (rechts) waren die ersten Bufdis in...

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