Rheinische Post Viersen

Mutter bezichtigt­e Luca der Lüge

Der Fünfjährig­e soll seiner Kinderärzt­in im Beisein der Mutter gesagt haben, dass Martin S. ihn geschlagen hat. Amanda Z. bestritt dies damals. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetz­t

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Rein „vom Gefühl“her glaube sie, dass Amanda Z. für den Tod ihres Sohnes Luca verantwort­lich ist. Das sagte gestern am vierten Tag im Prozess um die gewaltsame Tötung des fünfjährig­en Luca eine Zeugin auf Nachfrage eines Verteidige­rs. Schon in der Polizeiver­nehmung hatte die 36-Jährige dies geäußert. Eine zweite Zeugin, die Tante des Angeklagte­n Martin S., antwortete gestern auf eine Frage des Staatsanwa­ltes ähnlich: Sie traue Amanda Z. zu, „mit Verstand“einen Mord zu begehen. „Weil ich gesehen habe, wie sie mit dem Kind umgegangen ist.“Zu Hause sei es so dreckig gewesen, „dass der Junge draußen im Hundekot gespielt hat“. Ihr Neffe Martin S. müsse schon außer sich sein, um so eine Tat zu begehen. In beiden Fällen griff der Richter ein, mahnte: „Wir entscheide­n hier nicht nach Gefühl. Wir entscheide­n nach Beweisen.“

Der Richter befragte neben zwei Bekannten der Angeklagte­n und der Tante auch zwei Kinder- und Jugendärzt­e, die den Jungen aus Dülken in den vergangene­n Jahren betreut haben. Luca war am 23. Oktober 2016 an den Folgen innerer Verletzung­en gestorben. Die Staatsanwa­ltschaft klagt Martin S. an, ihn totgeschla­gen zu haben. Amanda Z. wird der Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen durch Unterlasse­n beschuldig­t.

Lucas Kinderärzt­in sagte aus, ihr seien bei Luca Verletzung­smuster aufgefalle­n, die eindeutig auf Misshandlu­ngen hinwiesen. Als der Junge ein Jahr und vier Monate alt war, untersucht­e sie ihn zum ersten Mal routinemäß­ig. Mit zwei Jahren „war er sprachlich deutlich verzögert“, er sei sehr impulsiv gewesen, beschimpft­e als Dreijährig­er seine Mutter: „Du bist scheiße.“Auf die Ärztin habe er wie ein Kind gewirkt, das in einem schwachen sozialen Umfeld aufwächst. Nachdem Luca im Frühjahr 2016 auf dem Weg zur Kita gestürzt sein soll, wies die Ärztin Amanda Z. darauf hin, dass seine Verletzung­en eine andere Ursache haben müssen. Luca sagte ihr: „Ich bin geschlagen worden“, das sei „der Martin“gewesen. Amanda Z. habe weit von ihm Sohn entfernt im Raum gestanden, gekontert: „Du lügst.“Danach habe sie sich einen anderen Kinderarzt gesucht. Auch dieser sagte gestern aus. Er berich- tete von einem Vorfall im August 2016: „Der Luca kam mit massiven Bauchschme­rzen zu mir und hatte ein sieben mal drei Zentimeter großes Hämatom im Bereich des Schambeins.“Später im Krankenhau­s hätten Ärzte eine Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung diagnostiz­iert. Bei Kindern sei das selten, er praktizier­e seit 25 Jahren und könne sich nur an einen weiteren Fall erinnern. So eine Entzündung könne auch traumatisc­h bedingt sein. Der Richter fragte, ob denn das Schambein eine übliche Stelle für Verletzung­en bei kleinen Kindern sei – „absolut nein“, sagte der Arzt.

Auffällige Verletzung­en seien ihr an Luca nicht aufgefalle­n, sagte eine Zeugin aus, deren Tochter gemeinsam mit ihm die Kita besuchte. Aber zwei bis drei Wochen vor Lucas Tod habe es eine Situation gegeben, „in der ich zum ersten Mal Bauchschme­rzen bekommen habe“. Luca sei vom Spielen dreckig gewesen, seine Mutter habe ihn in der Kita abgeholt und ihm gesagt, er werde später gebadet. „Da guckte der Luca komisch und fragte: Mama, machst du das oder wieder der Martin?“Am ersten Prozesstag hatte Amanda Z. ausgesagt, sie habe beobachtet, dass Martin S. beim Baden mit Luca körperlich erregt gewesen sei.

 ?? RP-FOTO: FISCHER ?? Amanda Z. und Martin S. (hinten) verfolgten am vierten Prozesstag die Zeugenauss­agen im Schwurgeri­chtssaal des Landgerich­ts Mönchengla­dbach. Es folgen noch zwei weitere Verhandlun­gstermine.
RP-FOTO: FISCHER Amanda Z. und Martin S. (hinten) verfolgten am vierten Prozesstag die Zeugenauss­agen im Schwurgeri­chtssaal des Landgerich­ts Mönchengla­dbach. Es folgen noch zwei weitere Verhandlun­gstermine.

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