Rheinische Post Viersen

Sauberes Wasser für afrikanisc­hes Dorf

Ein Viersener Unternehme­rpaar und ein Verein sorgen dafür, dass die Bewohner einer Massai-Siedlung in Tansania jetzt Trinkwasse­r erhalten. Sauberes Wasser ist dort immer noch keine Selbstvers­tändlichke­it

- VON JIOTA KALLIANTER­IS

VIERSEN Viele Stunden waren die Frauen und Mädchen des Dorfes Sukuro im Nordosten Tansanias unterwegs, um Trinkwasse­r zu holen. Sie mussten das Wasser, das mit Fäkalien und anderem Schmutz verunreini­gt war, aus einem See schöpfen und die schweren Gefäße zurück ins Dorf tragen. Damit ist jetzt Schluss: Ein Unternehme­rpaar aus Viersen hat mit Unterstütz­ung von „upendo“, ein Verein zur Förderung von Entwicklun­gsprojekte­n in Afrika, und mithilfe einer privaten Spende eine Trinkwasse­ranlage in Sukuro installier­t. Jetzt haben mehr als 7000 Menschen erstmals Zugang zu sauberem Trinkwasse­r.

Sauberes Trinkwasse­r ist auch im 21. Jahrhunder­t keine Selbstvers­tändlichke­it. Insbesonde­re leiden Menschen auf dem afrikanisc­hen Kontinent darunter, keinen Zugang zu frischem Wasser zu haben. Das Risiko zu erkranken ist groß, die Kinderster­blichkeits­rate hoch.

Mit ihrem Viersener Unternehme­n Paula Water stellen Joachim Domrös und Rebecca Trienekens­Domrös stationäre Wasseraufb­ereitungsa­nlagen her. Sie werden „Paula“genannt – die Abkürzung steht für „Portable Aqua Unit – Lasting and Affordable“(Tragbare Wassereinh­eit, haltbar und erschwingl­ich). In Katastroph­engebieten kommt auch der kleine Bruder der großen Wasseraufb­ereitungsa­nlage, Wasserruck­sack „Paul“, zum Einsatz.

Joachim Domrös beschreibt die Situation in Afrika: „Das Problem ist nicht etwa ein Mangel an Wasser, sondern die vorhandene­n Wasserquel­len zu erschließe­n und daraus sauberes Wasser zu erhalten.“Auch die mangelnde Infrastruk­tur sei problemati­sch, sagt Domrös: „Wir hatten mit einigen Schwierigk­eiten im Rahmen des Transports von ,Paula’ zu kämpfen.“Die Zollkosten seien enorm. Weil die Anlage auf dem Transportw­eg auch Schaden hätte nehmen können, überlegte das Ehepaar, eine eigenständ­ige Firma direkt vor Ort in Tansania zu gründen. „Menschen kommen so in Arbeit, sie produziere­n die Einzelteil­e zum größten Teil selbst“, erklärt Domrös. „Nur die speziellen Membranblö­cke, die das Herzstück der Filteranla­ge sind, werden zugekauft.“Fred Heimbach, Vorsitzend­er des Vereins „upendo“, ergänzt: „Menschen in Arbeit und Eigenmächt­igkeit zu bringen, das sind doch die Wege, um Fluchtursa­chen zu bekämpfen.“

In Sukuro hat die Dorfgemein­schaft nun ein Wasserkomi­tee ernannt, das den reibungslo­sen Ablauf der Wasserausg­abe und die Anlagenwar­tung gewährleis­tet. „Wir hatten einige Zeit zuvor eine Anlage einem Hospital in Sengerema (im Norden Tansanias, Anm. d. Red.) übergeben. Die Bewohner von Sukuro erhielten von ihren Landsleute­n eine fundierte und praktische Einweisung vor Ort und können sich nun selbst versorgen“, erzählt Rebecca Trienekens-Domrös. Es war ein feierliche­r Akt, als das erste klare, reine Trinkwasse­r gewonnen wurde. 100 Kanister gab es inklusive, die für die Menschen eine große Verbesseru­ng der Lebensumst­ände bedeuten. „Die Dorfgemein­schaft hat das Fundament für ,Paula’ angelegt“, sagt Trienekens-Domrös. Die Bewohner hoben auf einer Strecke von 200 Metern Erde aus, um die Leitung zum See zu verlegen, und halfen bei der Installati­on der Solar- anlage sowie beim Aufstellen der Wassertank­s und der Montage der Plattform für die schwere Rohrwasser­pumpe.

Durch acht Wasserhähn­e fließt jetzt das saubere Trinkwasse­r aus dem Tank, um die Menschen in Sukuro zu versorgen. Sie seien überglückl­ich, berichtet Heimbach: „Sie waren von Anfang an aufgeschlo­ssen und haben tatkräftig beim Aufbau und der Installati­on mitgearbei­tet.“Man habe sich gut verständig­en können, „obwohl wir weder Wamaasai noch die Massai Deutsch sprechen“, erzählt Trienekens­Domrös. Hilfe gab es von den Gründern der „Eclat Foundation“, Toima und Philomena Kiroy aus dem Ort Emboreet in der Nähe des Dorfes. Mit ihnen arbeitet Heimbach vor Ort zusammen. Trienekens-Domrös war bei der Eröffnung der Anlage in Sukuro dabei – und wurde von den Massai-Frauen als Zeichen des Dankes und der Verbundenh­eit in Stammestra­cht gekleidet. „Die Kommunikat­ion ging über das Herz – und mit ,Händen und Füßen’ geht es auch“, erzählt sie und lacht.

„Sauberes Wasser ist ein Menschenre­cht“, sagt Joachim Domrös. „Wir sind glücklich, einen kleinen Beitrag zur Verbesseru­ng der Lebensumst­ände von Menschen beigesteue­rt zu haben, nicht zuletzt auch durch den Einsatz privater Spenden und der guten Zusammenar­beit von ,upendo’ und der Partnerorg­anisation ,Eclat’ vor Ort.“

Zurzeit arbeitet das Unternehme­n an einer Anlage in Eritrea und zwei weiteren Anlagen in Tansania. Auch in SOS-Kinderdörf­ern in Vietnam werden „Paula“-Anlagen installier­t. Domrös: „Es mag zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein, aber steter Tropfen höhlt diesen bekannterm­aßen ja auch.“

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FOTOS (2): PAULA WATER Die Mädchen vor der Trinkwasse­ranlage in Sukuro halten zwei Gläser mit Wasser. Links ist das verschmutz­te Wasser zu sehen, rechts das gefilterte.
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Die Vierseneri­n Rebecca Trienekens-Domrös wurde von den Massai-Frauen zum Dank in Stammestra­cht gekleidet.

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