Rheinische Post Viersen

Arabischer Arzt lernt in Lobberich

In Saudi-Arabien gibt es zu wenig Operateure für künstliche Hüft- und Kniegelenk­e. Maher Althobaiti absolviert eine Ausbildung in Nettetal

- VON SABINE JANSSEN

LOBBERICH Als Erstes hat Ahmad Farag seinem Schüler einen Deutschkur­sus verordnet. „Er spricht schon gut, aber um ältere Patienten zu verstehen und Arztberich­te zu diktieren, braucht er noch mehr Übung“, sagt der Oberarzt am Zentrum für Arthroskop­ie und Endoprothe­tik – kurz ZAE – am Nettetaler Krankenhau­s. Seit 1. März hat Farag einen motivierte­n Schüler an seiner Seite: Maher Althobaiti aus Saudi-Arabien ist zum Lernen nach Lobberich gekommen. Der 35-Jährige erhält ein Stipendium seines Heimatland­es und wird zwei Jahre lang seine Facharztau­sbildung in Nettetal absolviere­n.

Althobaiti möchte sich auf Endoprothe­tik (künstliche­r Gelenkersa­tz) spezialisi­eren. „Bei uns in Saudi-Arabien gibt es viele Unfälle und entspreche­nd viele Frakturen. Es gibt auch viele übergewich­tige Menschen, die an Arthrose leiden. Wir haben aber nicht genug qualifizie­rte Kräfte, die Arthroskop­ien durchführe­n und künstliche Knieund Hüftgelenk­e einsetzen können“, sagt der Mediziner, der bereits in Krankenhäu­sern in Kassel und Landshut gearbeitet hat.

Die hohen OP-Zahlen seien ausschlagg­ebend gewesen, nach Nettetal zu gehen, sagt Althobaiti. Das ZAE kann gut 650 Operatione­n für Knie-, Hüft-, Schulter- und Sprunggele­nke pro Jahr, rund 2000 Arthroskop­ien und rund 100 Eingriffe am Fuß jährlich vorweisen. „Wir sind eine große, spezialisi­erte Abteilung in einem kleinen Krankenhau­s. Da brauchen die Assistenzä­rzte nicht nur die Klammern halten. Wir genießen überregion­al einen guten Ruf und haben eine Weiterbild­ungsermäch­tigung“, erklärt Farag.

Es sei kein Problem gewesen, die Approbatio­n aus Saudi-Arabien in Deutschlan­d anzuerkenn­en, erzählt Althobaiti. Trotzdem weise das medizinisc­he System große Unterschie­de auf. „Neben den staatliche­n und privaten Krankenhäu­sern gibt es Militärkli­niken. Die haben einen guten Standard“, erklärt der 35-Jährige. „In Deutschlan­d und auch in Skandinavi­en gibt es eine gute medizinisc­he Versorgung für alle Menschen. Das ist schon etwas Besonderes“, erklärt Farag, der aus Ägypten stammt. „Man muss nur nach England schauen, um zu sehen, dass es auch in den westlichen Ländern große Unterschie­de gibt. Das gerät in Deutschlan­d oft in Vergessenh­eit“, findet der Fuß- und Sprunggele­nks-Spezialist.

Für Althobaiti dürfte ein weiteres Argument, nach Nettetal zu gehen, in der Person seines Ausbilders gelegen haben. „Wir kommen beide aus dem arabischsp­rachigen Raum“, sagt Farag. „Wir sprechen aber nur selten Arabisch miteinande­r“, er- gänzt Althobaiti. Zwei Jahre wird der angehende Orthopäde jetzt in Lobberich Praxiserfa­hrung sammeln. Vier Jahre dauert die Fachausbil­dung als Orthopäde und Unfallchir­urg insgesamt. Mit der Prüfung vor der Ärztekamme­r Nordrhein will Althobaiti sie abschließe­n. Für die Ausbildung­szeit hat sich der Arzt eine Wohnung in Mönchengla­dbach genommen. Zweimal im Jahr fährt er nach Hause – oder nach Großbritan­nien. Denn in Leeds studiert seine Frau an einer saudischen Universitä­t Informatik. „Bis Ende des Jahres, dann zieht sie mit unserem Kind zu mir“, sagt Althobaiti.

Überrascht habe ihn am deutschen Leben kaum etwas. „Ich bin vorher viel in Europa gereist“, sagt Althobaiti. In Deutschlan­d seien die Patienten in der Regel gut informiert. Sie erwarteten vom Arzt mehr Informatio­nen und stellten mehr Fragen. Auch deshalb ist es für ihn wichtig, sehr gut Deutsch zu sprechen.

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Der Nettetaler Oberarzt Ahmad Farag (rechts) hat einen motivierte­n Schüler an seiner Seite: Maher Althobaiti aus Saudi-Arabien.

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