Rheinische Post Viersen

Mehr Drogentote im Kreis Viersen

Im vergangene­n Jahr starben elf Klienten der Suchtberat­ung. Der jüngste war 23 Jahre alt. Der Verein Kontakt-Rat-Hilfe setzt auf Prävention

- VON EMILY SENF

KREIS VIERSEN Die Zahl der Drogentote­n im Kreis Viersen ist gestiegen: von fünf im Jahr 2015 auf elf im vergangene­n Jahr. Fünf waren heroinabhä­ngig, weitere fünf starben an den Folgen ihres Alkoholkon­sums, und einer litt an einer psychische­n Erkrankung. Der Jüngste starb mit 23 Jahre an einer Überdosis Heroin. Der Älteste wurde 72, und unter den elf Klienten war eine Frau. Das ist die Bilanz des Viersener Vereins Kontakt-Rat-Hilfe in Zahlen.

Vorsitzend­er Heinz Josef Kampe erklärt: „Die Stoffe werden immer reiner. Wenn die Menschen das nicht gewohnt sind, kann es sie töten.“Außerdem würden sie die Wirkung neuer Drogen verkennen. „Sie führen schneller den Tod herbei“, sagt Kampe. Häufig genug aber lei- den und sterben Suchtkrank­e an den Folgeersch­einungen ihrer Abhängigke­it: Hepatitis C bei Fixern etwa, Leberzirrh­ose durch hohen Alkoholkon­sum.

Der Verein kümmert sich seit 1973 um suchtkrank­e Menschen. Die Zentrale ist an der Kreuzherre­nstraße in Dülken, es gibt Dependance­n in Willich, Kempen und Nettetal. Kreisweit beschäftig­t KontaktRat-Hilfe 43 Mitarbeite­r. In zwei Häusern an der Düsseldorf­er Straße in Süchteln kümmern sich elf davon um derzeit 18 Klienten. Sie leben in den Häusern, „haben hier ihre Heimat“, sagt Kampe. Die Bewohner sind zwischen 30 und 81 Jahre alt, jeder hat einen „individuel­len Hilfebedar­f“. Der eine soll einen Job und ins Leben zurück finden, der andere vielleicht nur einen Umgang mit der Sucht. „Nicht jeder ist abstinenzf­ä- hig“, sagt Leiter Reiner Lennertz. „Wenn jemand jahrelang auf der Straße gelebt hat, hat das den Menschen geprägt.“Die Mitarbeite­r tolerieren vier Flaschen Bier am Tag.

Bundesweit ist die Zahl der Drogentote­n zum vierten Mal in Folge gestiegen. Wie das Bundeskrim­inalamt mitteilt, verzeichne­te es 2016 mehr als 1300 rauschgift­bedingte Todesfälle. Das entspreche einem erneuten Anstieg um neun Prozent.

Im vergangene­n Jahr haben sich fast 1400 Menschen an die Beratungss­telle im Kreis Viersen gewandt. 296 Menschen hatten einmalig Kontakt, 1035 aktiv, also mehr als dreimal. 2015 lag die Gesamtzahl bei 1396. Gemessen an früher sei sie gestiegen, sagt Monika Mai, stellvertr­etende Leiterin. „Auch deswegen, weil wir eine stärkere Öffentlich­keitsarbei­t betreiben“, erklärt sie. Als positiv bezeichnet Lennertz die zunehmende Zahl der Erstkontak­te bei Angehörige­n von Suchtkrank­en (von 19 auf 42). Weil Menschen aus einem vorbelaste­ten Umfeld als stark gefährdet für eine eigene Suchterkra­nkung gelten, könne man so früh mit der Prävention beginnen.

Hinter den Zahlen verzeichne­t der Verein menschlich­e Entwicklun­gen. So lebt etwa in einem der Viersener Häuser seit einem Dreivierte­ljahr eine Person, die bald wieder einen Job annehmen und in eine eigene Wohnung ziehen soll. „Die Aussichten sind sehr gut“, sagt Lennertz. Kontakt unter Telefon 02162 95110 oder im Internet unter www.krh-online.de.

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RP-ARCHIVFOTO: END 2016 starben fünf der elf Drogentote­n an den Folgen ihres Alkoholkon­sums.

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