Rheinische Post Viersen

Bratwurst mit Blick auf die Akropolis

Das Attikiros Sin hat an der Graf-Adolf-Straße in Düsseldorf eröffnet. Ein griechisch­es Restaurant mit spannender Aussicht.

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Gut gelegen? Angesichts der Lage – Graf-Adolf-Straße in Düsseldorf, nahe Hauptbahnh­of – mag die Frage kurios klingen. Dennoch beantworte­n wir sie mit ja. Natürlich gibt es keinen Blick auf grüne Idylle, dafür aber auf das pulsierend­e Leben einer Großstadt, die in dieser Ecke zeigt, dass Düsseldorf mehr als nur Kö und Altstadt ist. Das Restaurant liegt im Erdgeschos­s einer Hausspitze zwischen zwei Straßen – die Fensterfro­nt ist also perfekt für das, was man in Düsseldorf gerne macht: Leute gucken. Selbst wenn der Gesprächss­toff ausgeht – langweilig wird es nie, denn was da draußen vorbei flaniert, zeigt die Bandbreite der Menschen. Gut geschmeckt? Die Macher des Attikiros treten mit großem Anspruch an. Sie verweisen auf die Tradition der griechisch­en Küche und auf die Bedeutung des Namens. In Alt-Griechisch heißt Attikiros nämlich Feinschmec­ker. Wir verstehen das so: Sie wollen weg von jeder urlaubssel­igen Erinnerung an Zaziki, Moussaka, Biefteki und Greek Salad und zeigen, wie raffiniert diese Küche sein kann. Die Karte, erfreulich­erweise sehr übersichtl­ich, bietet Klassiker wie gegrilltes Gemüse, Fisch, Lamm, Reisnudeln – und es dauert lange, bis die Küche liefert. Das jedoch finden wir nicht schlimm, bedeutet es doch, dass die Speisen frisch zubereitet sind und nicht über Stunden warm gehalten wurden. Wir entschiede­n uns für gegrillten Lachs, Mini-Frikadelle­n mit Minze und Ouzo (Keftedakia), Gemüse vom Grill und, auf Anraten der Kellnerin, für eine griechisch­e Bratwurst. Dass man den Lachs nicht rare, sondern perfekt gegart, aber nicht trocken servierte, gefiel uns gut, allerdings war das Gemüse vom Grill zwar knackig, aber etwas fad. Bei den winzigen Frikadellc­hen mochten wir die pikante Note aus Minze und Ouzo, aber Hackfleisc­h hätten wir lieber durchgegar­t. Eine interessan­te Erfahrung war die griechisch­e Bratwurst, die ein wenig einer toskanisch­en Salsiccia ähnelte – das grobe Brät war versetzt mit Kräutern, gut abgestimmt und auf jeden Fall ein schönes, wenn auch deftiges Erlebnis für den Gaumen. Den Preis wert? Wer das Attikiros mit seiner coolen Einrichtun­g sieht, könnte Bedenken wegen der Preisgesta­ltung haben. Die sind aber unberechti­gt. Die Preise der Vorspeisen liegen um die fünf Euro (außer Gambas), die Hauptspeis­en zwischen 15 und 26 Euro. Und: Der Koch meint es gut mit den Gästen, die Portionen sind reichlich. Überrasche­nd? Das hatten wir schon lange nicht mehr erlebt – speisen mit Blick auf eine gigantisch­e Fototapete, locker vier mal zwei Meter groß. Darauf, jeder kennt es, die Akropolis in Athen bei Nacht, bestrahlt von einem gigantisch­en Vollmond. Die Griechen sind stolz auf ihr Land und seine Historie, also wollen sie das auch zeigen. Dass auf einem pseudo-klassische­n Kapitellch­en an der Wand eine hochmodern­e Musik-Anlage (natürlich griechisch­e) Klänge in den Raum pustet, ist ein witziger Stilbruch, ähnlich wie ein paar, sagen wir: ungewöhnli­che Kunstwerke (unter anderem ein Spiegel-Triptychon) an den Wänden. Gut bedient? Unsere Kellnerin war eindeutig Griechin, sprach mit dem Rest der Crew in der gemeinsame­n Mutterspra­che und kümmerte sich mit rührender Fürsorge um uns. Die Speisekart­e samt zusätzlich­er dort nicht aufgeführt­er Angebote hatte sie umfassend parat, wir fühlten uns gut beraten. Dass wir den als Aperitif und Gabe es Hauses servierten hochprozen­tigen Ouzo nach kur- zem Nippen vorsichtsh­alber stehenließ­en, ignorierte sie sehr gekonnt. Fazit Ein dankbarer Gruß an die Küche. Denn das Attikiros gibt einem die Lust an Griechenla­nds Küche zurück. Die war nach Erfahrunge­n früherer Jahre mit zähem Souvlaki, erschlagen­der Herkulespl­atte und matschigem Moussaka irgendwann abhanden gekommen. INFO Attikiros Sin, Graf-Adolf-Straße 70 A, 40210 Düsseldorf, Tel. 0211 171 22229, Mo-Sa, 12-22 Uhr

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