Leben an der Seite eines süchtigen Partners
In Dülken liest Katharina Rütten morgen aus ihrem Buch „Der Mann im Zimmer nebenan“
DÜLKEN (RP) Wie erleben Partner und Angehörige von Suchtkranken den Teufelskreis der Co-Abhängigkeit? Und was können sie tun, um ihn zu durchbrechen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt einer Veranstaltung der Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe morgen, 8. Juni, ab 18 Uhr im Corneliushaus, Moselstraße 2 in Dülken.
Wenn man Katharina Rütten heute fragt, wie es ihr geht, zögert sie keine Sekunde mit der Antwort. „Gut“, sagt sie. Das war viele Jahre nicht so. Die Viersenerin war mit einem medikamentenabhängigen sowie kauf- und spielsüchtigen Mann verheiratet. Ihr Partner verzockte sein Vermögen, sie selbst wurde verklagt, kriminelles Handeln ihres Mannes unterstützt zu haben.
Über ihre Erfahrungen hat die ehemalige Lehrerin unter dem Pseudonym Katharina Rütten ein Buch geschrieben, aus dem sie morgen liest. In „Der Mann im Zimmer nebenan“erzählt sie, wie sie nach einer anfänglichen Phase des Glücks in einen Strudel aus Abhängigkeit und Kriminalität gezogen wurde. Sie beschreibt, wie sie jahrelang die Fassade der heilen Welt aufrechterhielt. „Ich konnte mit niemandem reden“, sagt sie. „Man fühlt sich verantwortlich für den Partner, man möchte ihm helfen und man meint, man könnte ihm helfen. Aber in Wirklichkeit lief ich selbst leer, energiemäßig und emotional. Irgendwann wusste ich nicht mehr, wie ich morgens zur Arbeit kommen sollte.“
Rütten brauchte lange, bis sie loslassen konnte. Dabei halfen ihr unter anderem ihr Hausarzt, eine Therapeutin und die Suchtberatung Kontakt-Rat-Hilfe. Bei ihrem ersten Besuch dort las sie an der Wand einen Spruch, den sie sich zu Herzen nahm: „Nur du allein schaffst es. Aber du schaffst es nicht allein.“Mit ihrem Buch möchte sie anderen Betroffenen Mut machen: „Ich bin oft gefragt worden, wie ich das alles so lange aushalten konnte. Wenn nur zwei, drei Leser früher als ich bereit sind, die Notbremse zu ziehen, dann hätte sich das Schreiben gelohnt“, erklärt sie. Inzwischen hat sie „fast ein ganz neues Leben begonnen“– und ist im April zum ersten Mal Großmutter geworden.
Vor der Lesung gehen Dietmar Lufen, Koordinator des Fachbereichs Prävention der Suchtberatung, und Ralph Marggraf, Ärztlicher Direktor der LVR-Klinik Viersen, in zwei Kurzvorträgen auf die Belastungen ein, denen Angehörige von Suchtkranken ausgesetzt sind. Auch erläutern sie Strategien, die den Betroffenen helfen können. Während der von Georg Maria Balsen moderierten Veranstaltung ist auch eine Publikums-Fragerunde vorgesehen. Die Besucher können die Arbeit von Sucht-Selbsthilfegruppen kennen lernen, das Dülkener Büchereck präsentiert Literatur zum Thema. InfoDas Buch „Der Mann im Zimmer nebenan“von Katharina Rütten ist erschienen im Verlag Mainz (ISBN 978-3-81070237-1, 9,95 Euro).