Eine Spinne namens Harrison
Es gibt nicht viele Momente, in denen ein Wissenschaftler, der von der Fachwelt ernst genommen werden möchte, künstlerische Freiheit genießt. Während es in der alltäglichen Forschung meist recht trocken zugeht, dürfen Wissenschaftler jedoch dann von den Regeln abweichen, wenn es um eine große Entdeckung geht. Findet ein Naturwissenschaftler eine neue Tierspezies, darf er sie nach einer Person seiner Wahl benennen – zum Beispiel nach sich selbst, einem Angehörigen oder Forscherkollegen. Der Moment, in dem der Spinnenforscher Norman I. Platnick seiner Kreativität freien Lauf lassen durfte, kam am 10. Juni 1993. Er hatte eine neue Spinnenart entdeckt. Die war winzig und noch ohne Namen. Platnick taufte sie „Calponia harrisonfordi“und ehrte damit den Schauspieler, der als „Indiana Jones“einen abenteuerlustigen Wissenschaftler gemimt hatte. Allerdings war Platnick kein glühender Verehrer des Hollywood-Stars, er hatte eine ganz nüchterne Begründung für seine Wahl: Harrison Ford war ein Förderer seines Arbeitgebers, des New Yorker American Museum of National History. Platnick war nicht der Erste, der eine Entdeckung einer berühmten Persönlichkeit widmete. Durch den Dschungel von Malaysia krabbelt eine Riesenspinne namens Heteropoda davidbowie, eine Lemurenart heißt Avahi cleesei nach Komiker John Cleese, und auf den Philippinen gibt es eine Muschel namens Bursina borisbeckeri.