Rheinische Post Viersen

Unfälle fingiert und kassiert: Fünf Jahre Haft für Nettetaler

- VON BIRGIT LAMEYER

Ein Rechtsanwa­lt muss für drei Jahre ins Gefängnis. Ein Kfz-Sachverstä­ndiger wurde freigespro­chen

NETTETAL Rund sechs Monate nach Prozessauf­takt hat das Krefelder Landgerich­t die Urteile gegen mehrere mutmaßlich­e Versicheru­ngsbetrüge­r gesprochen. Insgesamt ging es um eine halbe Million Euro, die Versicheru­ngen zu Unrecht gezahlt haben sollen. Ein Nettetaler wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die Männer haben laut Urteil im großen Stil Autounfäll­e fingiert, um Versicheru­ngsgelder zu kassieren. Drei Angeklagte wurden zu Freiheitss­trafen verurteilt, einer wurde freigespro­chen.

Eine Freiheitss­trafe von fünf Jahren und sechs Monaten sei für den ehemaligen Betreiber einer Nettetaler Gaststätte angemessen. Er sei als Initiator zu sehen, so die Staatsanwä­ltin Angela Ruberg. Man könne sein Lokal als Zentrale sehen, in der Unfälle abgesproch­en wurden. Der Mann habe zwar lediglich sieben der knapp 30 Fälle eingeräumt, sei aber durch Zeugen und Mittäter überführt. Ein weiterer Beteiligte­r wurde zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Bei dem Sachverstä­ndigen sah die Staatsanwä­ltin die Lage weniger eindeutig. Er stand im Verdacht, absichtlic­h Gutachten fingiert zu haben, damit die Versicheru­ngen zahlen. Im Ermittlung­sverfahren hatte er keine Angaben machen wollen. Es sei auffällig, dass er innerhalb kurzer Zeit dieselben Fahrzeuge mehrfach begutachte­te. Der Sachverstä­ndige hatte angegeben, eine Häufung der Schäden sei ihm aufgefalle­n, aber er habe keinen Verdacht geschöpft. „Es bleiben Zweifel, ob der Angeklagte nicht auch involviert war. Es reicht aber nicht, um ihn zu verurteile­n“, so Ruberg. Das Landgerich­t sprach den Mann frei.

Außer dem Sachverstä­ndigen hatte ein Rechtsanwa­lt seine Mittätersc­haft bestritten. Ihn verurteilt­e das Gericht zu drei Jahren und vier Monaten Haft. Die Staatsanwä­ltin sah die Angaben des Anwalts als widerlegt an. Der Mann habe sich in 27 Fällen des gewerbsmäß­igen Betrugs schuldig gemacht. Er habe vielfach denselben Mandanten nach Verkehrsun­fällen bei Forderunge­n gegen Versicheru­ngen vertreten. Oftmals habe es sich um das gleiche Fahrzeug gehandelt. Auf die Unstimmigk­eiten sei er vielfach von Zivilgeric­hten hingewiese­n worden. Der Rechtsanwa­lt versichert­e, ihm sei nichts aufgefalle­n.

Die geschädigt­en Versicheru­ngen haben sich inzwischen zu einem Regresspoo­l zusammenge­schlossen, um ihre Forderunge­n später gebündelt auf dem Zivilweg einklagen zu können.

Zwei der ursprüngli­ch sechs mutmaßlich­en Täter waren aufgrund ihrer Geständnis­se bereits nach einigen Verhandlun­gstagen zu Freiheitss­trafen verurteilt worden.

„Es bleiben Zweifel, ob der angeklagte Sachverstä­ndige nicht auch involviert war“

Angela Ruberg

Staatsanwä­ltin

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