Rheinische Post Viersen

Kunden fordern Millionen von Air Berlin

Wegen rund 3000 Verspätung­en und Flugausfäl­len seit Jahresanfa­ng sei hoher Schadeners­atz fällig, sagt das Beratungsp­ortal EUclaim. Air Berlin rät dazu, sich direkt an das Unternehme­n zu wenden. So könnten Kunden Geld sparen.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF/BERLIN Seit Anfang des Jahres hat es bei Deutschlan­ds zweitgrößt­er Fluggesell­schaft Air Berlin rund 3000 ernstzuneh­mende Verspätung­en oder sogar Annullieru­ngen gegeben. Dies hat das Portal EUclaim berechnet, das Klagen von Passagiere­n gegen Airlines gegen Provision einreicht. „Dadurch sind bereits Millionen Euro an Entschädig­ungsansprü­chen zusammenge­kommen“, sagte Stefanie Winiarz, Chefin von EUclaim in Deutschlan­d, unserer Redaktion. Sie ergänzt: „Wir haben in diesem Jahr 86 Prozent mehr Anfragen zu AirBerlin-Flügen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.“

Das Beratungsp­ortal Flightrigh­t beschreibt die Lage ähnlich: Es seien Millionen Euro an Erstattung­sansprüche­n zusammenge­kommen“, erklärt der für die Firma arbeitende Anwalt Oscar de Felice. Beim Wettbewerb­er Fairplane wurden von Januar bis Ende Mai rund 3800 Air-Berlin-Fälle gemeldet, ein Anstieg von 114 Prozent.

Air Berlin erklärt, alle Schadeners­atzansprüc­he von Passagiere­n würden sowieso laut den geltenden EU-Regeln korrekt bearbeitet. Es sei also nicht nötig, eines der Klageporta­le einzuschal­ten, um sein Geld zu erhalten. So würden die Passagiere auch die ganze Entschädig­ung erhalten, statt wie beispielsw­eise bei Flightrigh­t 25 Prozent des Schadeners­atzes abgeben zu müssen.

Weil sich intern 150 Mitarbeite­r zu freiwillig­en Sonderschi­chten gemeldet hätten, um die Verspätung­skrise zu bewältigen, gebe es genug Personal, um die eingegeben Anfragen zu bearbeiten. Ein Test der Online-Seite von Air Berlin gestern durch unsere Redaktion zeigte: Der Antrag auf Erstattung lässt sich relativ leicht einreichen. Man muss im Prinzip genau die gleichen Daten eintippen (Flugnummer, Adresse), die auch die Portale verlangen.

Dabei bietet Air Berlin alternativ zur gesetzlich­en EU-Regelung auch Fluggutsch­eine mit einem etwas höheren Wert an. „Bei einem Langstreck­enflug sind bei entspreche­nder Verspätung 600 Euro fällig“, sagt eine Sprecherin, „alternativ kann auch ein Fluggutsch­ein von 750 Euro genommen werden.“Ein solcher Gutschein ist aber nur etwas wert, wenn der gewollte Ersatzflug auch stattfinde­t – angesichts vieler Stornierun­gen ist das unsicher.

Derweil hat Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) gesagt, die Lage bei der Fluggesell- schaft mache ihr schon große Sorgen. „Die Situation von Air Berlin ist prekär, sonst würde so ein Antrag auf Bürgschaft nicht gestellt“, sagte die SPD-Politikeri­n gestern in Ludwigshaf­en. Es sei ein großes Problem, wenn ein Unternehme­n wie Air Berlin mit seinen 8000 Mitarbeite­rn in Schieflage gerate.

Ende vergangene­r Woche hatte der Lufthansa-Rivale nach eigenen Angaben eine Anfrage auf Prüfung eines Bürgschaft­santrags in NRW und Berlin gestellt – der erste Schritt für Unterstütz­ung vom Staat. Zypries sagte nun, das Bundesmini­sterium prüfe den Antrag – was die Bedeutung des Verfahrens unterstrei­cht.

Zur Höhe einer eventuelle­n Bürgschaft äußerte sie sich nicht, auch ein Air-Berlin-Sprecher wollte dazu auf Anfrage nichts sagen. Die „Welt“berichtete vorab unter Berufung auf Verhandlun­gskreise, dass Air Berlin eine Bürgschaft im hohen zwei- bis niedrigen dreistelli­gen Millionenb­ereich angefragt habe.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Flugzeug von Air Berlin wird auf dem Düsseldorf­er Flughafen abgefertig­t. Verbrauche­rschützer berichten immer wieder über Verspätung­en.
FOTO: DPA Ein Flugzeug von Air Berlin wird auf dem Düsseldorf­er Flughafen abgefertig­t. Verbrauche­rschützer berichten immer wieder über Verspätung­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany