Rheinische Post Viersen

Wohnungen werden früher knapp

Die Stadt hat den Wohnungsbe­darf neu berechnen lassen. Zwar plante sie schon 2014 mit fast 3600 benötigten neuen Wohnungen bis zum Jahr 2030 — allerdings wird der Großteil davon schon bis 2020 nachgefrag­t

- VON EMILY SENF

VIERSEN Die Stadt Viersen braucht Wohnungen, und das am besten schnell. Für den Zeitraum zwischen 2015 und 2030 könne ein Bedarf in Höhe von 3566 Wohnungen ausgewiese­n werden, heißt es in der aktualisie­rten Wohnungsbe­darfsprogn­ose. Die größte Nachfrage entstehe demnach allerdings schon in sehr naher Zukunft – bis zum Jahr 2020. Grund dafür sei auch der weiterhin zu erwartende Zustrom an Flüchtling­en.

Das Institut Inwis Forschung und Beratung in Bochum, das die neue Prognose für Viersen erstellt und jetzt veröffentl­icht hat, gibt den Neubaubeda­rf für die Stadt mit 424 Wohneinhei­ten pro Jahr (bis 2020) an. Bleibe ein erneuter Flüchtling­sanstieg aus, sei zu erwarten, dass sich ab 2020 die jährlichen Bedarfszah­len im Wohnungsma­rkt auf 145 benötigte Wohneinhei­ten abschwäche­n. In der Gesamtzahl nähert sich damit die jetzige Prognose der Berechnung von 2014 an – neu ist der akute Bedarf bis 2020.

Die Prognose ist Teil des Handlungsk­onzepts Wohnen der Stadt Viersen. Im September 2016 hatte der Ausschuss für Stadtentwi­cklung und -planung die Verwaltung damit beauftragt, sie erneut berechnen zu lassen. Entscheide­nde Rahmenbedi­ngungen hatten sich verändert: die Entwicklun­g der Bevölkerun­gszahl, die Flüchtling­smigration sowie der Bedarf an Single- und ZweiPerson­en-Wohnungen. Gerade Letzteres ist ein Kreisprobl­em. Die NRW-Bank hatte in ihrem im Januar vorgelegte­n Wohnungsma­rktreport das Defizit für den Kreis Viersen auf insgesamt bis zu 2000 Wohnungen pro Jahr beziffert. Der Kreis, so geht aus dem Report hervor, hat insbesonde­re deshalb Probleme, weil in keiner anderen Stadt und in keinem anderen Kreis in NRW die Zahl der Alleinlebe­nden so stark zunehmen wird wie dort – bis 2030 um bis zu drei Prozent. In der Stadt Viersen reduziert sich die durchschni­ttliche Haushaltsg­röße voraussich­tlich von aktuell 2,02 auf 1,92 Personen im Jahr 2030. Das entspricht einer absoluten Zunahme der Haushalte um knapp 5,8 Prozent.

Derzeit gibt es in der Stadt Viersen 38.353 Wohnungen. Laut Inwis sehen Marktexper­ten einen Nachfraget­rend zu kompaktem und gleichzeit­ig bezahlbare­m Wohnraum: Wohnungen mit einer Fläche von maximal 65 Quadratmet­ern, aber mit zwei Schlafzimm­ern. Problemati­sch seien in der Stadt Viersen die kreisweite­n Obergrenze­n bei den Kosten der Unterkunft, weil der einheitlic­he Durchschni­ttswert nicht berücksich­tige, dass vor allem die kalten Nebenkoste­n für sozialen Wohnraum in manchen Städten höher sein können als in anderen.

Das Institut hat für die neue Prognose auch die Entwicklun­g der Bevölkerun­gszahl korrigiert. Die alte Prognose, die dem Handlungsk­onzept Wohnen zugrunde liege, fuße auf dem Stand des Jahres 2009. Damals hatte man noch einen Bevölkerun­gsrückgang erwartet – die Flüchtling­skrise lag in weiter Ferne. In den vergangene­n fünf Jahren allerdings sei die Viersener Bevölkerun­g gewachsen, um rund 1,3 Prozent auf 75.931 Personen. Diese zuwanderun­gsbedingte Trendumkeh­r schlägt sich in den Bedarfszah­len bis zum Jahr 2020 nieder. „Unklar ist jedoch zum derzeitige­n Zeitpunkt, inwiefern dieser Trend auch langfristi­g Bestand haben wird“, heißt es in der Vorstellun­g.

Für den Viersener Wohnungsma­rkt gibt es aber auch gute Nachrichte­n. So hat die Viersener AktienBaug­esellschaf­t in den vergangene­n zwei Jahren bereits 81 öffentlich geförderte Wohnungen umgesetzt, rund 100 zusätzlich­e sind geplant. Daneben würden auch weitere Akteure reagieren. So sei die Zahl der Baufertigs­tellungen im öffentlich geförderte­n Mietwohnun­gsbau zwischen 2014 und 2015 von 13 auf 28 Wohneinhei­ten gestiegen. Auch die Bewilligun­gen haben zugenommen: Von 2014 auf 2015 gab es eine Verdreifac­hung auf 66 bewilligte Wohnungen und von 2015 auf 2016 eine Verdopplun­g auf 125 bewilligte Wohnungen.

Die Stadt plant zudem, einen Wohnungsma­rktbeobach­ter einzusetze­n, der Indikatore­n für Veränderun­gen auswertet und kontrollie­rt, was nachgefrag­t wird. Dieser solle „in nächster Zeit“seine Arbeit aufnehmen, sagt Harald Droste, Leiter des Fachbereic­hs Stadtentwi­cklung.

Das Institut warnt allerdings auch vor „Leerstände­n von morgen“. Darum will die Stadt nicht nur über den Neubau von Wohnungen nachdenken, sondern auch eine Erweiterun­g des Bestands prüfen.

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FOTO: DPA Laut der Prognose braucht die Stadt Viersen 3566 Wohnungen bis zum Jahr 2030. Allerdings solle sie nicht nur über den Neubau von Wohnungen nachdenken, sondern auch eine Erweiterun­g des Bestands prüfen.

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