Rheinische Post Viersen

Innere Sicherheit, Polizei und Justiz

- VON HENNING RASCHE UND THOMAS REISENER

Die innere Sicherheit war Schwerpunk­t im Wahlkampf. Der Koalitions­vertrag reagiert darauf mit mehr Personal bei Polizei und Justiz sowie neuen rechtliche­n Instrument­en. Polizei Künftig sollen 2300 Polizeianw­ärter pro Jahr eingestell­t werden. Bislang waren es 2000. Damit werden die aktuellen landeseige­nen Ausbildung­skapazität­en maximal ausgeschöp­ft. Der abgewählte NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) hatte zuletzt dasselbe Ziel formuliert.

Außerdem soll die Polizei entlastet werden: Zum einen will Schwarz-Gelb an der von der Vorgängerr­egierung eingeführt­en Praxis der Verwaltung­sassistent­en festhalten: Angestellt­e, die weniger als Polizisten verdienen und die Polizei von interner Bürokratie entlasten sollen. Die von Rot-Grün bereits geschaffen­en Stellen von 350 Verwaltung­sbeamten werden entfristet. Künftig sollen 500 pro Jahr hinzukomme­n.

Die Polizei soll offenbar auch von Bagatellau­fgaben entlastet werden. In den Koalitions­verhandlun­gen wurde als Beispiel die sogenannte Verkehrsüb­erwachung ohne Anhaltevor­gang genannt. Das sind Geschwindi­gkeitskont­rollen, bei denen die Fahrer nicht aus dem Verkehr gewunken werden, sondern das Knöllchen per Post zugeschick­t bekommen. Einig waren sich CDU und FDP wohl darin, dass solche Kontrollen auch von den Kommunen im Alleingang durchgefüh­rt werden können. Die Koalitionä­re wollen mehr Polizei auf die Straße bringen. Die sichtbare Autobahnpo­lizei soll sogar verdoppelt werden. Die Polizeilau­fbahn soll auch Realschüle­rn offenstehe­n. Schleierfa­hndung Sie wird kommen, aber anders heißen: die verdachtsu­nabhängige Kontrolle durch Polizeistr­eifen vor allem in Grenznähe. Weil dieser Begriff für die FDP als traditione­lle Bürgerrech­tspartei ein Reizwort ist, wird er im Koalitions­vertrag wahrschein­lich vermieden. CDU-Generalsek­retär Bodo Löttgen sprach öffentlich stattdesse­n von „strategisc­her Fahndung“. Der Unterschie­d ist marginal: Voraussetz­ung für die „strategisc­he Fahndung“soll auch nur ein vager Anlassbezu­g sein. Etwa ein neues Lagebild zur Einbruchsk­riminalitä­t. Im Zweifel reiche auch „die Erfahrung des kontrollie­renden Polizisten“, so Löttgen. Videoüberw­achung Die filmische Beobachtun­g öffentlich­er Plätze wird ausgeweite­t. Anders als bisher soll sie nicht mehr nur an Kriminalit­ätsschwerp­unkten eingesetzt werden. Eine flächendec­kende Überwachun­g wird es nicht geben. Bandenkrim­inalität Die Verhandlun­gsführer Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) einigten sich auf eine „Null-ToleranzSt­rategie“gegen Kriminelle. Auch kleinere Rechtsvers­töße sollen konsequent geahndet werden, damit sogenannte No-go-Areas mit sich wechselsei­tig aufschauke­lnden Rechtsbrüc­hen gar nicht erst entstehen. Justiz Gefängniss­e, Gerichte und Staatsanwa­ltschaften bekommen mehr Personal. Ziel ist, Straftäter schneller mit den Folgen ihres Handelns zu konfrontie­ren. Die Abschiebeh­aft-Plätze werden ausgebaut. Gleichzeit­ig werden die Bürgerrech­te gestärkt: Jeder soll künftig individuel­l Verfassung­sbeschwerd­e einlegen können.

Der NRW-Chef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, hält das Maßnahmenp­aket insgesamt für gut. Die angekündig­te Aufstockun­g bei der Polizei müsse aber mit Ruhestands­abgängen verrechnet werden und werde sich deshalb nicht vor 2020 auswirken. Deshalb schlägt Plickert vor, die bis 2018 eingeplant­en zusätzlich­en Polizeiver­waltungsas­sistenten schon jetzt auf einen Schlag einzustell­en. Die Öffnung des Polizeidie­nstes für Realschüle­r sei fachlich nicht geboten. „Wir haben mehr qualifizie­rte Bewerber, als wir ausbilden können“, so Plickert.

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