Rheinische Post Viersen

Häme hilft bei Trump nicht weiter

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Es ist schon bemerkensw­ert, wie widersprüc­hlich von USPräsiden­t Donald Trump die Rede ist. Mal wird er als bösartiger Clown dargestell­t, als überforder­ter Nicht-Politiker und verzogener Trump-Tower-Bewohner mit reichlich Aussicht, aber beschränkt­em Horizont. Und genüsslich werden die Millionen Anlässe ausgekoste­t, sich über seine Ignoranz und Unbildung lustig zu machen. Dann wieder ist Trump der mächtigste Dämon der Erde, der unheilige Allianzen schmiedet und die ganze Welt ins Unglück stürzen könnte.

Natürlich hat diese Widersprüc­hlichkeit damit zu tun, dass der Präsident selbst es darauf anlegt, die Öffentlich­keit zu polarisier­en. Als ungebildet zu gelten, hat ihm etwa im Wahlkampf nicht geschadet, und so gibt er auch als Präsident den Rüpel, der sich seine Rechte nimmt und damit anscheinen­d vielen Amerikaner­n das Gefühl gibt, auch ihre An-

Über den US-Präsidente­n wird oft verächtlic­h gesprochen. Dafür gibt es genügend Anlass, doch wer andere lächerlich macht, unterschät­zt sie meistens.

liegen hart zu vertreten. Darum kümmert es Trump auch nicht, wenn Kameras festhalten, wie er in Brüssel den montenegri­nischen Premiermin­ister rüde beiseite schiebt. Die Wähler haben sich ja für einen entschiede­n, der um jeden Preis in die erste Reihe will. Also dürfen sie auch zusehen, wie das geht.

Die zwischen Verulkung und Verängstig­ung pendelnde Wahrnehmun­g Trumps hat aber auch damit zu tun, dass Verächtlic­hkeit immer mit Unterschät­zung einhergeht. Wer Menschen aus einer Position der Überheblic­hkeit beobachtet und beschreibt, blendet deren Macht und mögliche Stärken aus. Sonst wäre es vorbei mit dem Lustigmach­en. Oft spüren jene, die sich verächtlic­h auslassen, insgeheim aber, dass ihre Sichtweise nicht ganz angemessen ist. So entsteht dieses untergründ­ige Gefühl, die verspottet­e Person könne gefährlich­er sein als gedacht. Der verächtlic­he Witz könnte nicht stark genug sein, um sie auf immer zu bannen.

Das heißt nicht, dass man über Trump keine Witze machen sollte. Er bietet Anlass genug. Außerdem dient scharfer Spott der Aufklärung, Witze und Überzeichn­ungen sind die schlagends­te Form der Kritik. Dafür nehmen sie im Kern aber ernst, was sie dem Gelächter preisgeben, sie unterschät­zen es nicht.

Da verläuft die Grenze zum Verächtlic­hmachen, das in erster Linie der Selbsterhe­bung dient. Das verschafft Genugtuung, aber die hält nur kurze Zeit, weil in der verächtlic­hen Bemerkung immer schon das Wissen um ihre Unangemess­enheit enthalten ist.

Es ist also an der Zeit, nüchterner auf Trump zu blicken, ohne Häme. Ohne Angst. Er ist ein Anlass für Witze, eine Witzfigur ist er nicht. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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