Rheinische Post Viersen

Air Berlin träumt von Höhenflug 2018

Auf der Hauptversa­mmlung setzt der Vorstand auf Optimismus. Der Flugplan sei wieder stabil, heißt es, trotz zahlreiche­r Verspätung­en. Nächstes Jahr sei ein operativer Gewinn möglich – aber Bürgschaft­en will der Vorstand trotzdem.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

LONDON/DÜSSELDORF Die gestrige Hauptversa­mmlung von Air Berlin war von widersprüc­hlichen Signalen geprägt. Sie fand am Londoner Flughafen Heathrow statt, weil das Unternehme­n aus juristisch­en Gründen auf der Insel als Aktiengese­llschaft notiert ist. Doch gesprochen wurde Deutsch. Finanzchef Dimitri Courtelis kündigte an, Air Berlin habe gute Chancen, 2018 operativ wieder schwarze Zahlen zu erwirtscha­ften, doch Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann warb gleichzeit­ig dafür, dass die Bundesländ­er NRW und Berlin der Fluggesell­schaft Bürgschaft­en geben. Und während der frühere LufthansaM­anager Winkelmann für einen neuen Aufbruch steht, leitete der frühere langjährig­e Air-Berlin-Vorstandsc­hef Joachim Hunold die Versammlun­g als kommissari­scher Aufsichtsr­atschef. „Hunold hat das gut gemacht“, sagt ein Gast der nach nur einer Stunde beendeten Veranstalt­ung, „aber mit der neuen Konzentrat­ion auf das Kerngeschä­ft hat er ja eigentlich wenig zu tun.“

Winkelmann verbreitet­e als Vorstandsc­hef nach nur vier Monaten Amtszeit trotzdem Optimismus. Er verwies darauf, dass Hauptaktio­när Etihad aus Abu Dhabi Ende April seine finanziell­e Hilfe für Air Berlin für rund 18 Monate bestätigt habe. Nun sei aber eine Bürgschaft „willkommen“, um künftige Finanzieru­ngen günstiger zu machen. „Wir wollen keine Steuergeld­er, wir wollen nicht verstaatli­cht werden“, sagte er und erläuterte, Air Berlin zahle 140 Millionen Euro an Zinsen pro Jahr. Indirekt drohte er allerdings der Politik: Der Vorstand habe Verantwort­ung für rund 8000 Beschäftig­te in Berlin, Düsseldorf und anderen Standorten, die Steuern zahlten. Was passieren würden, wenn es keine Staatshilf­e gäbe, wollte Winkelmann nicht kommentier­en: „Diese Frage stellt sich nicht.“

Der Manager gab zu, dass Air Berlin im April und Mai extrem viele Verspätung­en gehabt habe, weil massiv umstruktur­iert worden sei und wichtige Partner versagt hätten. Doch die Lage habe sich stark verbessert. „Air Berlin ist seit dem 1. Juni wieder das, was sie immer war: eine sichere, zuverlässi­ge und pünktliche Fluggesell­schaft.“

Unabhängig­e Zahlen bestätigen das nur zum Teil. In den ersten 13 Tagen im Juni landeten Air-Berlin-Jets in Düsseldorf mit 25 Prozent Verspätung­en tatsächlic­h nur mini- mal häufiger unplanmäßi­g als der Schnitt der Branche mit knapp 20 Prozent. Das ergibt eine Berechnung der Bürgerinit­iative „Kaarster gegen Fluglärm“für unsere Redaktion, bei der es aber um alle Verzögerun­gen ab 15 Minuten geht.

Doch in den gleichen knapp zwei Wochen erfasste das Portal EUClaim in ganz Europa 237 Flüge von Air Berlin, die mindestens drei Stunden zu spät waren oder ganz ausfie- len – 18 am Tag.„Die Zahl der Problemflü­ge ist auf anhaltend hohem Niveau“so Stefanie Winiarz, Managerin von EU-Claim. Hierbei muss beachtet werden: 18 Problemflü­ge sind drei Prozent der täglich eingeplant­en 600 Verbindung­en von Air Berlin.

Gleichzeit­ig scheint es so zu sein, dass das Unternehme­n sich große Mühe gibt, enttäuscht­en Passagiere­n zu helfen. „Die sind sehr kulant und haben Beschwerde­n sehr schnell bearbeitet“, berichtet ein Reisebürom­anager aus Krefeld. Air Berlin selbst erklärt, 150 Mitarbeite­r der Verwaltung würden in Sondereins­ätzen helfen, die Zuverlässi­gkeit zu erhöhen und auch Beschwerde­n zu bearbeiten.

Zur Frage, ob und wann Air Berlin von Lufthansa geschluckt wird, wollte sich der frühere Manager der Kranich-Airline, Winkelmann, nicht äußern.

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FOTO: AIR BERLIN Air Berlin will im nächsten Jahr wieder Gewinn machen.

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