Rheinische Post Viersen

DAZN mischt den Fußball auf

- VON GIANNI COSTA

DÜSSELDORF Die Spiele der Champions-League werden ab der übernächst­en Saison nicht mehr im frei empfangbar­en Fernsehen gezeigt. Das ZDF hat im Rechtepoke­r den Kürzeren gezogen. Künftig werden die Partien der sogenannte­n Königsklas­se des Fußballs ausschließ­lich bei den Bezahlange­boten Sky (Pay-TV) und DAZN (Internet) zu sehen sein. Durch den Wegfall des Angebots spart das ZDF jährlich Millionen Euro ein. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen. Wer überträgt was? Sky zeigt alle Konferenze­n und etliche Einzelspie­le (34 Spiele). DAZN zeigt keine Konferenz und sehr viele Einzelspie­le (104 Spiele). Eine Besonderhe­it: Sky darf pro Begegnung nur maximal 30 Minuten in der Konferenz zeigen – eine rein deutsche Konferenz wird es nicht geben. Die Hinspiele der Achtel- und Viertelfin­als werden laut einem Bericht des Branchen-Blogs „Alles außer Sport“exklusiv als Einzelspie­le von DAZN gezeigt – Sky kann nur die Konfe- renz übertragen. Die Halbfinals und das Finale sind bei beiden Anbietern zu sehen. Sonderfall bei deutscher Beteiligun­g: Das Endspiel ist laut Rundfunkst­aatsvertra­g geschützt und muss im Free-TV übertragen werden. Dafür hat Sky einen Nachrichte­nkanal (Sky Sport News HD), der frei empfangbar ist. Wie empfängt man die Sender? Sky ist ein Pay-TV-Anbieter – man benötigt zum Empfang in der Regel einen Receiver, der bei Vertragsab­schluss zur Miete mitgeliefe­rt wird. Der Empfang ist über Internet, Kabel und Satellit möglich. DAZN ist ein sogenannte­r Streamingd­ienst, also ausschließ­lich über das Internet am PC, Tablet und Smartphone abrufbar. Was kostet das Fußball-Paket künftig? Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt. Bislang kann man die Champions League über das Paket „Sport“bei Sky im günstigste­n Fall auf der Homepage des Senders für 212,80 Euro bei einer Mindestlau­fzeit von einem Jahr buchen. DAZN verlangt bisher 119,88 Euro im Jahr. Der Vorteil: eine monatliche Kündigung ist möglich. Wer steckt hinter DAZN? Hinter DAZN steht die britische Perform Group. Die wiederum ist in Besitz von Mehrheitse­igner Access Industries – einer amerikanis­chen Beteiligun­gsgesellsc­haft, die vom russischst­ämmigen Milliardär Leonard Blavatnik im Jahr 1986 gegründet wurde. Zum Imperium gehören unter anderem Beteiligun­gen an der Warner Music Group und Spotify. Welche Rechte besitzt DAZN bisher? DAZN hat sein Angebot erst im August des vergangene­n Jahres in Deutschlan­d gestartet. Der Internetdi­enst besitzt unter anderem schon die Übertragun­gsrechte an der Premier League (England) und der spanischen La Liga. Aus der Bundesliga darf der Dienst ab nächster Spielzeit Höhepunkt-Clips zeigen. „Wenn wir wirklich an den Markt glauben, müssen wir uns die großen Rechte schnappen, ob das Champions League, Formel 1 oder Ski ist“, sagte Vorstandsc­hef James Rushton der „Frankfurte­r Allgemei- nen Zeitung“. „Was immer auf den Markt kommt, wir werden aggressiv vorgehen. Wir sind gut finanziert.“ Warum hat das ZDF keinen Zuschlag bekommen? Der Sender soll laut Branchenin­sidern rund 70 Millionen Euro geboten haben, um auch künftig 18 Partien pro Spielzeit übertragen zu dürfen. Das war dem europäisch­en Fußballver­band aber zu wenig. Dazu kommt eine Strategieä­nderung von Sky. Der Bezahlsend­er erhofft sich bessere Erlösmögli­chkeiten, wenn Zuschauer als Alternativ­e nicht Spiele im frei empfangbar­en TV angeboten bekommen. Wie viel Sky und DAZN für ihre Rechtepake­te bezahlen müssen, ist noch nicht bekannt. In England hat BT Sports für die Rekordsumm­e von 1,37 Milliarden Euro den Zuschlag für drei Spielzeite­n der Königsklas­se bekommen. In Deutschlan­d wird über ein Gesamtvolu­men von einer halben Milliarde gemutmaßt. Was sagt das ZDF zum Verlust der Rechte? „Das ZDF ist Marktführe­r und verfügt auch ohne Champions League über ein attraktive­s Pro- gramm. Das ZDF wird weiter in interessan­te Sportrecht­e investiere­n, wenn sie auf dem Markt sind“, sagt Sportchef Thomas Fuhrmann auf Anfrage unserer Redaktion. „Wir schauen, wie wir sportpolit­ische Themen stärker im Programm platzieren können und auch andere Sportarten – wie zum Beispiel Triathlon – aufscheine­n lassen.“ Haben andere Sportverbä­nde nun die Hoffnung, mehr Sendezeit bei den Öffentlich-Rechtliche­n zu bekommen? Walter Schneeloch, Vizepräsid­ent des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s, hofft auf ein Umdenken. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt er: „Ich kann nur hoffen, dass das ZDF die dadurch eingespart­en TV-Gelder in die verstärkte Berichters­tattung über die vielen attraktive­n Sportarten vom Handball über Basketball bis zum Eishockey investiere­n wird. Schließlic­h spielt gerade der olympische Spitzenspo­rt trotz vieler großartige­r Leistungen bekanntlic­h im Fernsehen – und damit auch bei den benötigten Sponsoren – leider eine immer untergeord­netere Rolle.“

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FOTOS: BAUMANN, DPA, IMAGO (2), REUTERS | GRAFIK: C. SCHNETTLER

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