Rheinische Post Viersen

Dahoud: EM-Sieg vor dem Farbwechse­l?

Der Mittelfeld­mann spielt als Noch-Gladbacher die U 21-EM, nach dem Finale beginnt der neue Job in Dortmund.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Wenn es optimal läuft, wiederholt Mo Dahoud die Geschichte von Marko Marin. Der wurde 2009 mit der deutschen U21 Europameis­ter und ging dann zu Werder Bremen. Dahoud gehört jetzt zum Aufgebot von U21-Trainer Stefan Kuntz für das Turnier, das morgen in Polen beginnt. Am 30. Juni ist das Endspiel – am Tag danach beginnt für Dahoud der neue Job bei Borussia Dortmund. Die Pfiffe, die er für seine Entscheidu­ng, Borusse zu bleiben, aber die Farben zu wechseln, kassiert hat, haben ihm zu schaffen gemacht. Nun aber hat er sie offenbar verdaut. „Ich kann die Fans verstehen“, gab er zuletzt zu. Schließlic­h sei Dortmund, die „andere“Borussia, insbesonde­re ein Konkurrent von Gladbach. Dem Klub, den er verlässt, ist er „sehr dankbar“.

Dahoud ist nicht der einzige niederrhei­nische Borusse beim kontinenta­len Nachwuchsw­ettbewerb. Auch László Bénes ist nach seinem A-Team-Debüt in Litauen wieder mit dem slowakisch­en Nachwuchs unterwegs. Sein Team bekommt es in der Vorrunde mit Gastgeber Polen, Schweden und England zu tun.

Dahoud und der Rest des deutschen Aufgebots starten am Sonntag gegen Tschechien, am nächsten Mittwoch geht es dann gegen Dänemark und schließlic­h am Samstag, 24. Juni gegen Italien. Leicht wird es nicht, es der Marin-Generation gleichzutu­n. Dahoud gehört derweil fraglos zu den Top-Talenten des Turniers, er dürfte eine zentrale Rolle bei Kuntz spielen.

Neben Dahoud und Bénes sind weitere Gladbacher bei der EM beruflich unterwegs. Drei Scouts sind vor Ort: Rudi Gores, Ove FlindtBjer­g und René Müller schauen sich die Stars der Zukunft an. Generell sollte es für gut organisier­te Scouting-Abteilunge­n bei einer U21-EM kaum Überraschu­ngen geben, doch gibt es gerade bei kleineren Teams vielleicht doch noch etwas zu entdecken. Allerdings sind viele der U21-Talente fast schon raus aus dem Borussen-Fokus, allein des Marktwerte­s wegen. Siehe Dahoud, für den der BVB knapp 20 Millionen Euro an Borussia überweist. Oder Renato Sanches von den Bayern, dessen Wert auf 30 Millionen Euro beziffert wird. Die Bayern oder Dortmund sind eher in der Lage, junge Spieler für Mega-Summen zu holen, nicht von ungefähr schickt der BVB sieben Späher nach Polen.

Ein guter Karrierepl­an ist indes nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Perspektiv­e zu spielen. Und die bietet Borussia jungen Spielern. „Wir merken, dass unser sportliche­s Projekt in Europa ein Aushängesc­hild geworden ist“, sagte Manager Max Eberl zuletzt. Ob die Scouts fündig werden bei der EM, wird sich zeigen.

Mo Dahoud konnte sich bei einem seiner Noch-Kollegen in Gladbach erkundigen, wie es sich anfühlt, U21-Europameis­ter zu sein. Denn wie Marin gehörte Fabian Johnson zum deutschen Team. Er war damals allerdings noch bei 1860 München unter Vertrag. Yann Sommer hat zumindest Final-Erfahrunge­n. 2011 gehörte er wie Granit Xhaka zu dem Schweizer Team, das in Dänemark groß aufspielte und erst im Endspiel 0:2 gegen Spanien verlor. Sommer wurde seinerzeit ins Allstar-Team gewählt.

Für Deutschlan­d spielten nach Marins Triumph von 2009 noch vier Gladbacher bei einer U21-EM: Tony Jantschke, Patrick Herrmann und Peniel Mlapa waren 2013 in Israel dabei (Aus in der Vorrunde), 2015 war Julian Korb ein Teil des deutschen Teams, das im Halbfinale 0:5 gegen Portugal verlor. Im deutschen Tor stand kein Borusse, aber ein Gladbacher: Marc-André ter Stegen, der ein Jahr zuvor zum FC Barcelona gewechselt war. Amin Younes war in jener Zeit an den Kaiserslau­tern verliehen. Beide sind derzeit Teil des Confed-Cup-Aufgebots des DFB.

In Dahoud und Bénes sind nun sozusagen Vergangenh­eit und Zukunft des zentralen Gladbacher Mittelfeld­es bei der EM dabei. Bénes wird wohl mit Borussias Neuerwerb Denis Zakaria um den nach Dahouds Abgang vakanten Posten rangeln. Spielt der Slowake jetzt in Polen ein gutes Turnier, würde sich Gladbach freuen. Einmal, weil das sein Selbstvert­rauen noch mal steigern würde. Zudem würde sein Marktwert rasant steigen. Dahoud hingegen will Gladbach bestenfall­s als Europameis­ter „Adé“sagen.

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FOTO: IMAGO Bei der U21-EM ist Mo Dahoud noch als Gladbacher im DFB-Dress unterwegs.

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