Rheinische Post Viersen

Kritik an Steuerplän­en der SPD

Die Sozialdemo­kraten wollen den Solidaritä­tszuschlag für kleine und mittlere Einkommen abschaffen und höhere Einkommen stärker besteuern. Sogar über eine Vermögenst­euer wird nachgedach­t.

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DORTMUND/DÜSSELDORF (jd/rky) Die Sozialdemo­kraten ziehen mit ihrem Programm unter dem Titel „Es ist Zeit für mehr Gerechtigk­eit: Zukunft sichern, Europa stärken“in die heiße Phase des Wahlkampfs. Das Konzept wurde von den Delegierte­n des Parteitags in Dortmund ohne Gegenstimm­e bei einer Enthaltung beschlosse­n.

Zu den wichtigste­n Punkten zählt die Forderung nach Entlastung­en kleinerer und mittlerer Einkommen um jährlich 15 Milliarden Euro. Dafür sollen Spitzenver­diener stärker zur Kasse gebeten werden. Der Spitzenste­uersatz soll von 42 auf 45 Prozent steigen, aber erst ab einem Einkommen von 76.200 Euro statt bisher rund 54.000 Euro jährlich greifen.

Steigen soll die sogenannte Reichenste­uer ab einem Einkommen von 250.000 Euro. Diese soll 48 statt bisher 45 Prozent betragen. Der Soli soll für kleine und mittlere Einkommen abgeschaff­t, Kitas gebührenfr­ei werden. Vizepartei­chef Olaf Scholz deutete in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“an, etwa bis zum Jahr 2025 könnte der Soli komplett wegfallen. Der scheidende NRW-Finanzmini­ster Norbert Wal- ter-Borjans brachte gegenüber unserer Redaktion auch eine Vermögenst­euer ins Spiel: „Inwieweit auch die Wiederbele­bung der Vermögenst­euer dazu gehört, werden wir in einer Arbeitsgru­ppe gewissenha­ft prüfen.“Er selber werde dieser Arbeitsgru­ppe angehören. Auch die Jusos hatten sich auf Bundeseben­e für eine Vermögenss­teuer eingesetzt. Der Parteivors­tand lehnte eine entspreche­nde Formulieru­ng im Wahlprogra­mm jedoch ab und verwies auf ein noch laufendes Gerichtsve­rfahren dazu.

Bei der Rente soll das Niveau bei 48 Prozent eines Durchschni­ttslohns bleiben und der Beitragssa­tz bei 22 Prozent gedeckelt werden. Finanziere­n will die SPD dies durch eine Einbeziehu­ng von Selbststän­digen, einen schnellere­n Anstieg des Beitragssa­tzes und ab 2028 mit einem Steuerzusc­huss von 14,5 Milliarden Euro. Eine Heraufsetz­ung des Renteneint­rittsalter­s von derzeit 67 Jahren schloss SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz aus.

Der SPD-Chef schwor seine Partei auf eine Aufholjagd ein und warf der Union vor, sich vor inhaltlich­en Aussagen zu drücken. CDU und CSU nähmen in Kauf, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. „Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie“, sagte Schulz. CDU-Bundesvize Armin Laschet wies diesen Vorwurf als absurd zurück: Er zeige die Verzweiflu­ng bei Schulz. Heute will der CDUVorstan­d über das eigene Wahlprogra­mm beraten. Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble beschuldig­te Schulz der Täuschung: Die von der SPD geplanten Änderungen der Einkommens­teuer seien im besten Fall aufkommens­neutral, sagte der CDUPolitik­er dem „Handelsbla­tt“. „Wenn man genauer hinschaut, verbergen sich hinter den Vorschläge­n sogar Steuererhö­hungen.“Auch die willkürlic­h gewählten Grenzen bei der Abschaffun­g des Solis seien wenig praktikabe­l und eher ein Beschäftig­ungsprogra­mm für Steuerbera­ter. Besser sei es, die Belastung für kleine und mittlere Einkommen zu bremsen, den Soli ab 2020 abzuschmel­zen und ihn 2030 ganz abzuschaff­en.

Auch Grünen-Chef Cem Özdemir zeigte sich skeptisch: Eine zielgenaue Entlastung für untere und mittlere Einkommen werde so nicht erreicht. Nach Ansicht des Politologe­n Ulrich von Alemann bestätigt der Parteitag, „wie schwer es die SPD hat, sich intelligen­t und klar gegenüber der Union zu profiliere­n“. Die Union sei unter der Führung von Angela Merkel so weit nach links gerückt, dass es ungeschick­t wäre, sich noch weiter nach links zu bewegen, sagte von Alemann unserer Redaktion. Leitartike­l Politik

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