Rheinische Post Viersen

Auch russischer Ex-Agent traf sich mit Trump junior

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Man kann nicht sagen, dass Rinat Akhmetshin Wert darauf legt, ein unauffälli­ges Leben zu führen. Ist er in Washington unterwegs, fährt er oft auf einem sehr auffällige­n, orange lackierten Fahrrad. Am Logan Circle, einer der angesagtes­ten Ecken der Stadt, bewohnt er ein zwei Millionen Dollar teures Apartment. Er gilt als jovial und redselig, ein Kunstsamml­er und Opernliebh­aber, der gern mit Presseleut­en plaudert und den zum Beispiel Seymour Hersh, Amerikas bester investigat­iver Reporter, zu seinem Bekanntenk­reis zählt.

Auch Akhmetshin hat im vergangene­n Jahr an einem womöglich folgenschw­eren Treffen im Trump Tower teilgenomm­en, organisier­t mitten im Wahlkampf von Donald Trump jr., dem ältesten Sohn des Immobilien­moguls, um aus russischen Quellen Belastende­s gegen Hillary Clinton in die Hand zu bekommen. Die Episode ist das bislang deutlichst­e Indiz dafür, dass sich der Beraterzir­kel um Trump Senior nichts dabei dachte, auf russische Hilfe zurückzugr­eifen, um Clinton zu schaden. Dass der Präsident in akute Erklärungs­not gerät, liegt auch daran, dass der Junior gelogen hat, als er die Chance hatte, die Karten auf den Tisch zu legen.

Als Donald jr. im Studio des wohlwollen­den Fox-News-Moderators Sean Hannity eine Art Beichte ablegte, betonte er noch, nun sei alles gesagt, nichts mehr offen. Kurz darauf wurde bekannt, dass auch Akhmetshin am 9. Juni 2016 in der Runde im Trump Tower saß, neben Trumps Schwiegers­ohn Jared Kushner und dem Kampagnenm­anager Paul Manafort, neben der russischen Anwältin Natalja Weselnizka­ja und Rob Goldstone, einem früheren britischen Boulevardj­ournaliste­n. Die neuen Enthüllung­en haben die Glaubwürdi­gkeit Donald juniors schon deshalb zertrümmer­t, weil Akhmetshin alles andere als eine blasse Figur ist, die man schnell vergisst.

Unstrittig ist seine Migranteng­eschichte. 1994 übersiedel­te er in die USA, deren Staatsbürg­erschaft er 15 Jahre später annahm. Umstritten ist dagegen, welche Rolle er in der sowjetisch­en Armee spielte, in deren Reihen er von 1986 bis 1988 diente. Ein Unternehme­n, das sich vor einem New Yorker Richter mit ihm stritt, beschrieb ihn als Offizier des sowjetisch­en Militärgeh­eimdienste­s. Er selber sagte der New York Times, er sei ein ganz normaler Wehrpflich­tiger gewesen, „wie Millionen sowjetisch­er Jungs“.

Was die Amerikaner viel brennender interessie­rt: Könnte es dieser umtriebige Lebemann gewesen sein, der Trumps Team die Dienste russischer Hacker vermittelt­e? Beweise gibt es keine, allerdings Indizien dafür, dass sich Akhmetshin mit Cyberangri­ffen auskannte. 2015 klagte ein in Amsterdam registrier­ter, von kasachisch­en Geschäftsl­euten betriebene­r Bergbaukon­zern gegen den Mann. Internatio­nal Mineral Resources (IMR), so der Name des Unternehme­ns, beschuldig­te ihn, im Auftrag eines russischen Konkurrent­en Firmencomp­uter gehackt und etwa 28.000 Datensätze gestohlen zu haben. Später nahm der Konzern seine Vorwürfe jedoch zurück.

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