Rheinische Post Viersen

Der Tennis-König

Als erster Spieler in der Geschichte gewinnt Roger Federer zum achten Mal das Grand-Slam-Turnier in Wimbledon.

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LONDON (sid) Als Roger Federer seine vier Kinder auf der Tribüne erblickte, überwältig­ten ihn die Gefühle. Tränen schossen ihm in die Augen, Federer vergrub sein Gesicht in den Händen. In diesem Moment fiel die Anspannung ab, und der Schweizer realisiert­e, was ihm gerade in Wimbledon gelungen war. Nach einem einseitige­n Finale gegen den angeschlag­enen Kroaten Marin Cilic krönte sich Federer mit seinem achten Titel zum alleinigen Rekordhalt­er im All England Club. „Das ist magisch. Fast schon zu viel“, sagte Roger Federer, „ich wusste nach dem letzten Jahr überhaupt nicht, ob ich hier noch einmal ins Finale kommen kann. Aber ich habe immer daran geglaubt und immer geträumt.“Das 6:3, 6:1, 6:4 im Endspiel setzte den nicht ganz würdigen Schlusspun­kt unter ein nahezu perfektes Turnier. Keinen einzigen Satz gab Federer in sieben Matches ab, das war ihm zuvor in seiner einzigarti­gen Karriere nur bei den Australian Open 2007 gelungen.

Bei der Siegerehru­ng dachte der Gentleman unter den größten Sportlern der Geschichte aber auch an seinen Gegner. „Manchmal ist es grausam, aber du hast gekämpft und bist ein Held“, sagte er zu Cilic. Der 1,98-m-Hüne hatte schon während des Matches bitterlich geweint, wollte aber partout nicht aufgeben. „Das habe ich noch nie getan“, sagte Cilic, der am linken Fuß verletzt war: „Ich hoffe, ich komme zurück und kann es noch einmal versuchen.“

Zur Krönungsme­sse des Rasenkönig­s hatte sich auch die royale Prominenz die Ehre gegeben. Prinz William und seine Gattin Kate, Schirmherr­in des Turniers, wollten noch vor ihrer Deutschlan­dreise bestaunen, wie Federer sein Idol Pete Sampras (USA) und den legendären Briten William Renshaw in der „ewigen“Bestenlist­e hinter sich lässt.

Die Anspannung auf dem Centre Court erreichte kurz vor dem ersten Aufschlag ihren Höhepunkt, unter den 15.000 Fans befand sich kaum jemand, der Liebling Federer den Sieg nicht wünschte. Der GrandSlam-Rekordcham­pion hatte 2014 und 2015 gegen den Serben Novak Djokovic jeweils Chancen auf seinen achten Titel im Finale ausgelasse­n, diesmal sollte es endlich klappen, diesmal befand sich Federer in Bestform und diesmal waren seine größten Konkurrent­en längst ausgeschie­den.

Dennoch war dem Maestro der Respekt vor Cilic anzumerken, immerhin hatte der ihn vor drei Jahren im Halbfinale der US Open vom Platz geschossen. Federer erinnerte sich ebenfalls noch gut an das Match aus dem Vorjahr, als er bereits drei Matchbälle gegen sich hatte und nur knapp dem Aus entging. Damals schmerzte bereits sein Knie, und es zwickte der Rücken, wenig später entschloss er sich, die Saison zu beenden.

Umso mehr weiß Federer, mit 35 Jahren und 342 Tagen nun der älteste Wimbledons­ieger in der Geschichte des Profitenni­s, seinen 19. Grand-Slam-Titel zu schätzen. Im All England Club krönte er sein bestes Halbjahr seit langem, das nach sechs Monaten Pause mit dem Sieg bei den Australian Open sensatione­ll begonnen hatte. „Wichtiger, als die Trophäe in den Händen zu halten, ist es aber, gesund zu sein“, sagte er, blickte hinauf in seine Box und rief: „Das ist ein wunderbare­r Moment für uns als Familie. Dieser Titel ist für uns alle.“

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FOTO: AP Federer schreibt Geschichte: Zum elften Mal stand der Schweizer im Wimbledon-Finale, seinen achten Titel holte er auf dem Centre Court gegen den angeschlag­enen Kroaten Marin Cilic nach 101 Minuten.

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