Rheinische Post Viersen

Münster wird Wissenssta­ndort für den Islam

Tausende Texte über den gelebten Islam, zum Teil fast 300 Jahre alt, gingen an die Universitä­t Münster.

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MÜNSTER (KNA/bur) Die wohl bedeutends­te Sammlung von Dokumenten zum muslimisch­en Gemeindele­ben in Deutschlan­d wird jetzt von der Universitä­t Münster verwaltet. Das Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) der Universitä­t übernimmt das zuletzt in Soest ansässige und 1927 in Berlin gegründete „Islam-Archiv Deutschlan­d“, teilte die Hochschule am Mittwoch mit. Neuer Direktor des Islam-Archivs ist ZIT-Leiter Mouhanad Khorchide.

Das Islam-Archiv umfasst insgesamt rund 6.000 Titel zum Islam in Deutschlan­d und Europa, zum Dialog, zu Ausländerf­ragen, zur islamische­n Theologie sowie der Geschichte und christlich­en Theologie. Die Sammlungen umfassen fragmentar­isch Schriften und historisch­es Material aus den Jahren 1739 bis 1918 und durchgehen­d ab dem Ersten Weltkrieg.

Das Islam-Archiv ist 1927 als „Zentralins­titut Islam-ArchivDeut­schland“gegründet worden und hatte seit 1981 seinen Sitz in Soest. Sein einstiger Direktor Muhammad Salim Abdullah (1931– 2016) hatte schon zu Lebzeiten angeregt, dass das Archiv nach seinem Tod an die Universitä­t Münster wechselt und vom ZIT verwaltet werden soll. Bereits 2014 hatten beide Seiten eine entspreche­nde Absichtser­klärung unterzeich­net. Auf Wunsch von Abdullah wird das Archiv den Namen seiner Ehefrau „Amina Abdullah“tragen. „Das Archiv beinhaltet wertvolle Zeugnisse des muslimisch­en Lebens in Deutschlan­d. Wir sind froh und stolz darüber, damit forschen und arbeiten zu können“, betonte Khorchide. Mit der Übernahme durch die Universitä­t sei gewährleis­tet, dass die Dokumente wissenscha­ftlich fundiert aufgearbei­tet würden. Zugleich sieht der Theologe darin eine Aufwertung des ZIT: „Das Archiv betont noch stärker den Stellenwer­t des Zentrums als eine der inzwischen wichtigste­n islamischt­heologisch­en Institutio­nen europaweit.“

Am Zentrum für Islamische Theologie lernen rund 800 Studierend­e, einige von ihnen wählen später den Berufsweg des Imams. Die Seminare und Vorlesunge­n setzen sich inhaltlich mit der Geschichte, den Schriften und der Lebenswirk­lichkeit der Religion auseinande­r, untersuche­n den Islam auch in Hinblick auf Ähnlichkei­ten und Unterschie­de zum Christentu­m. Auch mit der Problemati­k des Islamismus wird sich auseinande­rgesetzt, der ein zentrales Subjekt des Buches „Ist der Islam noch zu retten?“bildet, das ZIT-Direktor Khorchide gemeinsam mit dem Islamkriti­ker Hamed Abdel-Samad als eine Art Streitschr­ift verfasste. Zu den Forschungs­schwerpunk­ten des ZIT zählen die Themen „Theologie der Barmherzig­keit“und „Religiöse Pluralität“.

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FOTO: DPA Die Universitä­t Münster nimmt mit dem Textarchiv zum muslimisch­en Gemeindele­ben einen hohen Stellenwer­t in der europaweit­en Islamforsc­hung ein.

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