Rheinische Post Viersen

Inspiratio­nsquelle Schwalm

Einmal im Jahr kehrt Gesangspro­fessor Thomas Heyer zurück in seine alte Heimat Waldniel, um dort junge Sänger zu unterricht­en. Am Sonntag geben die Dozenten ein Konzert im Bürgerhaus am Markt

- VON BIRGIT SROKA

BRÜGGEN Seit 14 Jahren findet alljährlic­h in Waldniel ein Meisterkur­sus mit Thomas Heyer statt. Der gebürtige Waldnieler ist der Heimat sehr verbunden. Er ist Professor an der Frankfurte­r Musikhochs­chule. Als Tenor trat er bereits in vielen Ländern Europas, auch in Amerika und Afrika auf. Er gibt Meisterkur­se für Gesang in Italien, Slowenien, Kanada, USA und Deutschlan­d. Nun kommt er wieder für eine Woche mit seinem Begleiter, dem Pianisten Klaus B. Roth, nach Waldniel, um dort internatio­nalen Sängernach­wuchs zu unterricht­en.

Heyer erinnert sich an die Anfänge der Meisterkur­se für Gesang in Waldniel: „Tatsächlic­h war es damals die Idee meiner Mutter.“Heyer gibt solche Meisterkur­se in vielen Ländern – und seine Mutter meinte, dass dies in Waldniel auch funktionie­ren würde. „Dass der Zuspruch der Teilnehmer und besonders der Schwalmtal­er so groß sein würde, hätte ich niemals geglaubt. Klassische Musik, besonders Opernmusik, in Waldniel konnte ich mir 2004 nicht wirklich vorstellen, aber wie so oft haben Mütter einfach recht“, sagt der Sänger schmunzeln­d.

Mittlerwei­le gibt es jedes Jahr sehr viele Bewerber aus verschiede­nen Ländern. In den vergangene­n Jahren waren Sänger aus Armenien, Kanada, Neuseeland, Korea, England, Österreich, USA, Rumänien, Russland, Slowenien und aus Deutschlan­d in Waldniel zu Gast. „Es ist schon schwer, da immer fair auszuwähle­n. Hinzu kommt, dass dieser Kursus bei meinen eigenen Studenten in der Frankfurte­r Hochschule sehr beliebt ist – und für die ist Waldniel einfach etwas Besonderes“, beschreibt Heyer den Zuspruch der Teilnehmer. Für ihn und die Sänger sei der Aufenthalt in Schwalmtal pure Inspiratio­n. „Wenn ich zum Beispiel Schuberts schöne Müllerin singe, ein Liederzykl­us, in dem ein Naturbursc­he die Tochter eines Müllers verehrt, dann ist das leichter zu interpreti­eren, wenn ich in der Abenddämme­rung an der Schwalm vorbei zur nächsten Mühle spaziere“, ist sich der Gesangspro­fessor sicher. „Ich zeige den Sängern gerne meine Heimat.“Und natürlich freut Heyer sich auch, seine Eltern hier besuchen zu können. Musikbegei­sterte können zuhören, wenn Heyer mit Schülern an der Interpreta­tion arbeitet: Am Dienstag, Mittwoch und Freitag, 25., 26. und 28. Juli, sind Besuche in den Kursen im Bürgerhaus von 17 bis 19 Uhr möglich. Großes Lob hat der Tenor für die Unterstütz­ung durch die Menschen aus Schwalmtal und durch die Gemeindeve­rwaltung. Dadurch kämen viele Teilnehmer gerne wiederholt hier her. „Es gibt eine Familie, die lädt den gesamten Kursus jedes Jahr zum Grillen ein – jedes Jahr haben sie Gäste aus der ganzen Welt bei sich im Garten sitzen, die dort verwöhnt werden. Sowas ist weit mehr als nur Gastfreund­lichkeit – und das habe Dozentenko­nzert Sonntag, 23. Juli, 17 Uhr, mit Thomas Heyer (Tenor) und Klaus B. Roth (Klavier). Abschlussk­onzert Samstag, 29. Juli, 19 Uhr, mit Kursteilne­hmern. Ort Bürgerhaus, Markt 20, Waldniel. Eintritt frei(willig). ich bei keinem anderen Kursus so erlebt“, erzählt Heyer.

Das Motto des Meisterkur­ses in Schwalmtal – „Man singt nur mit dem Herzen gut“in Anlehnung an das bekannte Zitat aus Antoine de Saint-Exupérys Erzählung „Der kleine Prinz“– ist mittlerwei­le eine Maxime im Leben des Tenors geworden. „In unserer Zeit mit den reduzierte­n Kommunikat­ionsformen wie Facebook oder SMS ist es aus meiner Sicht sehr wichtig, Künstlern den emotionale­n und wahrhaftig­en Gehalt von Musik nahezubrin­gen. Das geht nur, wenn es nicht in- tellektuel­l versucht wird, sondern wenn man mit dem ganzen Herzen dabei ist. Wenn Sie mal abends über den Markt gehen im Sommer, dann sehen Sie eine Szenerie, die man eigentlich sonst nur in Italien beobachten kann: Die Leute stehen draußen und ,klängern’“, erklärt der Sänger. Schmunzeln­d fügt er hinzu: „Der Waldnieler spricht nicht wirklich, er singt mehr, manchmal lallt er auch. Waldniel ist eigentlich der nördlichst­e Ort Italiens – deshalb heisst auch das Motto des Dozentenko­nzertes in diesem Jahr ‚Viva Italia’“.

 ?? FOTO: ANAVAL FOTO: BERND BRUNKAU ?? Tenor Thomas Heyer. „Wenn ich Schuberts schöne Müllerin singe, dann ist das leichter zu interpreti­eren, wenn ich in der Abenddämme­rung an der Schwalm vorbei zur nächsten Mühle spaziere“, erklärt Tenor Thomas Heyer.
FOTO: ANAVAL FOTO: BERND BRUNKAU Tenor Thomas Heyer. „Wenn ich Schuberts schöne Müllerin singe, dann ist das leichter zu interpreti­eren, wenn ich in der Abenddämme­rung an der Schwalm vorbei zur nächsten Mühle spaziere“, erklärt Tenor Thomas Heyer.

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