Rheinische Post Viersen

Kritik an Deko in der Totenhalle

Der Glasbau auf dem Friedhof Löh ist mit Pflanzenkü­beln, Moos und Baumstämme­n ausgestatt­et. Das gefällt nicht jedem Trauernden. Die zuständige städtische Abteilung steht zu ihrem Konzept — und möchte keinesfall­s auf Deko verzichten

- VON NADINE FISCHER

VIERSEN Bei einer Trauerfeie­r in der Totenhalle auf dem Friedhof Löh sah sich Architekt Horst Schmitges kürzlich genau um. Dem 75-Jährigen fielen all die bepflanzte­n Kübel im Innenraum auf, Birkenäste, Holzspäne und Moos als Dekoration. „Das ganze Gestrüpp muss raus“, sagt Schmitges. „Es ist für die Raumwirkun­g von Nachteil.“Heinz Döhmen, Architekt des größtentei­ls gläsernen Gebäudes, pflichtet ihm

„Das ganze Gestrüpp ist für die Raumwirkun­g von Nachteil“

Horst Schmitges

Architekt

bei. „Draußen vor der Halle stehen die schönsten Bäume“, sagt der 90Jährige – „aber die Aussicht darauf wird von der Deko versperrt“. Er habe das auch schon mal gegenüber der Stadtverwa­ltung geäußert. Bewirkt habe das nichts. Dabei würde die Stadt Viersen doch sogar Kosten sparen, wenn sie auf die Pflanzen im Innenraum verzichte, sagen Döhmen und Schmitges.

Norbert Holzweiler von der Abteilung Stadtgrün und Forsten hält dagegen: „Deko muss sein“, sagt er. Sonst würden Trauernde allzu oft „in einer nackten Halle“sitzen. Denn es komme immer häufiger vor, dass Angehörige auf eigene Kränze und Gestecke verzichten – stattdesse­n werde das so gesparte Geld für wohltätige Zwecke gespendet. Holzweiler ist für die Dekoration, hinter der Schmitges und Döhmen weder ein Konzept noch einen Bezug zur Friedhofsk­ultur erkennen, verantwort­lich. In Absprache mit einem Gärtner plane er, wie die Halle ausgestatt­et wird.

Ein großer aufgefäche­rter Baumstamm steht in der Totenhalle, Orchideen, Moos und Tillandsie­n wachsen dort. „Wir haben Pflanzen ausgesucht, die wenig Wasser brauchen“, sagt Holzweiler. Wenn nicht so häufig gegossen werden muss, spare das Personalko­sten. Auch damit in dem Glasbau subtropisc­hes Klima vermieden werde, setzt Holzweiler auf genügsame Pflanzen. „Bei zu hoher Luftfeucht­igkeit hätten wir hier Schädlinge wie Schmier- und Wollläuse.“Bis vor acht Jahren sei es in der Halle deut- lich voller gewesen, sagt Holzweiler: „Damals standen hier 42 Bäume in drei Reihen“. Jetzt wirke alles viel transparen­ter, und das sei sein Ziel gewesen. „Man hat einen wunderschö­nen Blick nach draußen“, sagt er. „Bis jetzt habe ich nur positive Rückmeldun­gen zu unserer Deko bekommen“, ergänzt Holzweiler und räumt ein: „Aber es gibt sicher auch Leute, die es besser machen könnten.“

Alfred Hülsmann, Vorsitzend­er des Kreisverba­nds Viersen im Bestatterv­erband NRW, weiß aus Erfahrung: „Mit der Deko kann man es nie allen recht machen.“Es gebe durchaus Kapellen, die nicht dekoriert sind, sagt der Bestatter aus Willich. „Aber eine Grundausst­attung ist sinnvoll.“Ohne Pflanzen wirke der Raum zu kühl. Außerdem: „Grün ist die Farbe der Hoffnung, beruhigt die Augen und die Seele.“

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Bei Trauerfeie­rn in der Totenhalle stehen Sarg oder Urne inmitten der Dekoration.

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