Rheinische Post Viersen

Laschet fordert: Rettet den Diesel!

Das Handwerk warnt vor Fahrverbot­en. Oettinger lehnt EU-Ausstiegsd­atum ab.

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DÜSSELDORF (anh/mar) Mit einem Doppelschl­ag aus Industries­chelte und Diesel-Unterstütz­ung reagieren Bayern und Nordrhein-Westfalen auf den Abgasskand­al. „Krasse Fehlentsch­eidungen einiger Konzernlen­ker gefährden Tausende Arbeitsplä­tze“, schrieb NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) in einem Gastkommen­tar für die „Bild am Sonntag“. Er forderte: „Rettet den Diesel – und mit ihm das Eigentum von Millionen Autofahrer­n.“Ohne Diesel werde man auch die Weltklimaz­iele 2020 nicht einhalten. Weil die Diesel-Zulassunge­n zurückgehe­n und der Verkauf von Benzinern steige, stiegen auch die Kohlendiox­id-Emissionen, warnte Laschet. Um den Stickoxid-Ausstoß zu senken, müsse die Industrie daher die Diesel mit Euro-Norm 5 umrüsten auf die Euro-Norm 6.

Laschet will seinen Urlaub unterbrech­en, um beim Diesel-Gipfel die Forderunge­n von Nordrhein-Westfalen einbringen zu können. Am Mittwoch wollen Konzern-Chefs und Spitzenpol­itiker die Folgen des Abgasskand­als beraten. Auch CSUChef Horst Seehofer kritisiert­e die Haltung der Autokonzer­ne.

Laschet fordert zugleich mehr Tempo bei der Elektromob­ilität. Als gutes Beispiel nannte er den von der RWTH Aachen entwickelt­en Streetscoo­ter, der von der Deutschen Post als Auslieferu­ngswagen eingesetzt wird. Im privaten Verkehr sind Elektroaut­os aber weiterhin ein Flop: Bis Ende Juni wurden nur Günther Oettinger 23.024 Anträge auf den staatliche­n Zuschuss gestellt. Im Mai hatte Kanzlerin Merkel bereits das ursprüngli­ch propagiert­e Ziel kassiert, dass bis 2020 eine Million Elektroaut­os auf deutschen Straßen rollen.

Mit Sorge sehen Wirtschaft und Politik die Debatte um Fahrverbot­e. „Eine Verbannung des Diesel würde das Handwerk massiv treffen“, warnt die Handwerksk­ammer Düsseldorf. Mehr als 20.000 Fahrzeuge hätten alleine die 8000 Düsseldorf­er Handwerksf­irmen im Einsatz, zum größten Teil dieselmoto­risierte, fast alle mit Euro-5-Norm. Die Kölner Bezirksreg­ierung will bis zur Klärung vor dem Bundesverw­altungsger­icht keine Fahrverbot­e verhängen. Am Freitag hatte das Verwaltung­sgericht Stuttgart Fahrverbot­e für ältere Diesel für möglich erklärt.

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) spricht sich gegen ein gemeinsame­s Ausstiegsd­atum der EU-Staaten für Autos mit Verbrennun­gsmotor aus. „Ein einheitlic­hes EU-Ausstiegsd­atum für den Verbrennun­gsmotor zum jetzigen Zeitpunkt wäre deutlich verfrüht und falsch“, sagte Oettinger unserer Redaktion. Die Ausgangsla­ge sei zu unterschie­dlich. „Viele EU-Staaten wie Polen gewinnen ihren Strom überwiegen­d aus Kohle. Wenn die zu früh auf Elektromob­ilität umsteigen würden, wäre dem Klima wegen steigender Kohlendiox­id-Emissionen auch nicht gedient“, sagte Oettinger. Der Verbrennun­gsmotor habe zudem noch Zukunftspo­tenzial. „Verbesseru­ngen des Verbrennun­gsmotors stehen unmittelba­r bevor“, sagte EU-Kommissar Oettinger. Neue, CO2-freie Kraftstoff­e würden gerade entwickelt.

„Ein Ausstiegsd­atum für den Verbrennun­gsmotor wäre deutlich verfrüht“ EU-Kommissar

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