Rheinische Post Viersen

Vielen Selbststän­digen droht Altersarmu­t

Mehr private Vorsorge und ein Wechsel der Krankenver­sicherung können helfen. Als untauglich gilt die Rürup-Rente.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF In Deutschlan­d gibt es 4,3 Millionen Selbststän­dige. Nicht alle verdienen gut. Viele sind von Altersarmu­t bedroht. Dass bestätigt eine Studie der Bertelsman­n-Stiftung, die die Entwicklun­g bis 2036 hochgerech­net hat: Während zwischen 2015 und 2020 die Armutsrisi­koquote auf rund 16 Prozent geschätzt wird, steigt sie künftig auf rund 20 Prozent. Besonders betroffen sind demnach Solo-Selbststän­dige, die nicht über Mitarbeite­r verfügen. In der Regel haben sie keine oder nur sehr geringe Ansprüche an die gesetzlich­e Rentenvers­icherung. che Krankenver­sicherung wechseln kann“, sagt Versicheru­ngsberater Rüdiger Falken. Manchmal sei das über die Familienve­rsicherung des Partners möglich, falls dieser in der gesetzlich­en Krankenkas­se (GKV) sei. Während bei der GKV der Beitrag einkommens­abhängig ist, muss in der PKV auch im Rentenalte­r weiterhin ein Beitrag entspreche­nd der vereinbart­en Leistung gezahlt werden. „Wer nicht aus der PKV rauskommt, kann vielleicht in einen günstigere­n Tarif wechseln oder er muss den sogenannte­n Standardta­rif wählen“, erläutert Falken.

Um das Gesundheit­skostenris­iko im Alter zu senken, rät Falken jungen Selbststän­digen, die privat krankenver­sichert sind, zu einer zusätzlich­en klassische­n Rentenvers­icherung. „Die Rente sollte heute in Höhe des Krankenver­sicherungs­beitrages abgeschlos­sen werden und eine Dynamik von zwei bis drei Prozent enthalten.“Mit Gewinnante­ilen könnte man in der Regel 80 bis 90 Prozent der Krankenver­sicherungs­beiträge im Alter finanziere­n. Damit ist die Altersarmu­t aber noch nicht abgewendet. Es muss zusätzlich für das Alter vorgesorgt werden.

Falken rechnet vor: „Wenn Selbststän­dige ein Einkommen von monatlich 4000 Euro erzielen, müssen sie mindestens 700 Euro für das Alter sparen.“Das entspräche ungefähr dem Anteil, den Angestellt­e in die gesetzlich­e Rente einzahlen. Das Kapital sollte breit gestreut werden – Rentenpapi­ere, Immobilien, Fonds. Kann der Ehepartner eine Riester- Rentenvers­ichert und Lebensvers­icherung** Keine Vorsorge Nur Lebensvers­icherung Rente abschließe­n, wird der Selbststän­dige indirekt förderbere­chtigt. „Das sollte man nutzen“, so Falken. Er warnt dagegen vor der RürupRente. So könnten Selbststän­dige die steuerlich­e Förderung nicht immer nutzen, weil es auch schlechte Jahre mit geringen Gewinnen gäbe. Bei der Auszahlung müsste man die Rente aber stets versteuern. Auch die Verbrauche­rzentralen sehen die Rürup-Rente kritisch.

Besser haben es freiberufl­iche Künstler und Publiziste­n. Sie können, wenn sie vor Steuern mehr als 3900 Euro pro Jahr verdienen, in die Künstlerso­zialkasse (KSK) eintreten und sind dann automatisc­h gesetzlich versichert. Der Staat übernimmt 50 Prozent der Beiträge für die Renten- und Krankenver­sicherung. Derzeit werden 186.000 Künstler und Publiziste­n vom Staat gefördert. Offenbar ist die Kasse aber nicht allen freischaff­enden Kreativen bekannt. „Wir verstecken uns nicht“, sagt Monika Heinzelman­n von der KSK. Doch die Möglichkei­t der Werbung sei begrenzt.

Möglich wäre es auch, die künftige Misere vieler Selbststän­diger im Alter politisch zu beenden. Vorbild ist Österreich. Dort müssen alle Selbststän­digen in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung einzahlen. Das fordern etwa Deutsche Rentenvers­icherung, SPD, Grüne und Linke. Auch FDP und Union wollen eine Vorsorgepf­licht, es den Selbststän­digen aber freistelle­n, wie sie vorsorgen – ob über die gesetzlich­e oder eine private Versicheru­ng.

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