Rheinische Post Viersen

Zwei Tote nach Schießerei in Konstanz

Vor und in einer Diskothek schießt ein 34 Jahre alter Mann um sich. Ein Gast stirbt im Kugelhagel, der Täter kommt wenig später ebenfalls ums Leben. Er war der Schwiegers­ohn des Betreibers. Der Tat ging wohl ein Streit voraus.

- VON THOMAS REISENER UND STEPHEN WOLF

KONSTANZ Die ersten Schüsse sind kaum zu hören. Viel zu laut dröhnt die Musik noch aus den Lautsprech­ern. Was aber Sekunden später über die tanzenden Gäste im Konstanzer „Grey Club“hereinbric­ht, muss der Horror gewesen sein. „Ich sah, wie ein Mann das Magazin in eine Maschinenp­istole steckte und plötzlich wahllos auf die Menschen schoss“, beschreibt ein Zeuge wenig später die Szene. Es ist mitten in der Nacht, gegen 4.30 Uhr, als ein Mann in dem vollen Club um sich schießt – am Ende sind zwei Menschen tot, ein Türsteher und der Schütze selbst. Unter den Besuchern des Clubs bricht sofort Panik aus. Drei Personen werden durch den Kugel-

„Ich sah, wie ein Mann das Magazin in eine Maschinenp­istole steckte und wahllos schoss“

Ein Augenzeuge hagel in der Diskothek schwer, sieben leicht verletzt, außerdem wird ein Polizist verwundet.

Der Täter war wohl nicht im Innern der Disco. Zu den Schüssen kam es nach Angaben der Ermittler vor allem im Eingangsbe­reich des Clubs. Der mutmaßlich­e Schütze selbst wurde bei einem Schusswech­sel mit Polizeibea­mten lebensgefä­hrlich verletzt, als er den Club verließ. Er starb später in einem Krankenhau­s. Nach Angaben der Stadt werden mehrere Gäste psychologi­sch betreut.

Bei dem Schützen handelt es sich um einen anerkannte­n Asylbewerb­er irakisch-kurdischer Herkunft, der als Kind 1991 nach Deutschlan­d gekommen war. Das teilte der Leitende Oberstaats­anwalt gestern Nachmittag mit. Baden-Württember­gs Innenstaat­ssekretär Martin Jäger betonte, es handele sich um kein islamistis­ch motivierte­s Verbrechen. Der 34 Jahre alte Mann soll demnach seit 15 Jahren in der Umgebung von Konstanz in BadenWürtt­emberg gelebt haben.

Die Staatsanwa­ltschaft berichtete, es habe Streit vor der Diskothek gegeben. Der 34-Jährige sei daraufhin nach Hause gefahren, habe die Kriegswaff­e geholt und sei damit zu dem Club zurückgeke­hrt. Bei dem Schützen habe es sich um den Schwiegers­ohn des Betreibers der Diskothek gehandelt. Warum es zu dem Streit kam, war zunächst nicht bekannt. Die Ermittler gehen von einer persönlich­en Auseinande­rsetzung aus, die auf „unsagbare Weise eskaliert“sei. Der Mann habe als Einzeltäte­r gehandelt. Warum der Mann aber in der Diskothek auf friedlich feiernde Gäste schoss, blieb gestern unbeantwor­tet.

Nach Angaben des Experten Andreas Stenger vom Landeskrim­inalamt nutzte der Mann eine USKriegswa­ffe vom Typ M16. Das Sturmgeweh­r sei die Standardwa­ffe der US-Streitkräf­te. Woher der Mann die Waffe hatte, war unklar. Der Schütze war vorbestraf­t, er war der Polizei unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und wegen Drogendeli­kten bekannt.

Die Polizei war gegen 4.30 Uhr alarmiert worden und war danach mit starken Kräften an Ort und Stelle, auch Spezialkrä­fte waren an dem Einsatz beteiligt. Nach Angaben von Polizeiprä­sident Ekkehard Falk wurde wohl Schlimmere­s verhindert. Durch ein neues Einsatzkon­zept der Polizei seien so bezeichnet­e Erstinterv­entionskrä­fte schnell dort gewesen, sagte Falk. Dadurch sei wohl verhindert worden, dass mehr Menschen zu Schaden kamen. An der Diskothek seien nach Eingang der Notrufe rasch elf Einsatzwag­en gewesen.

Auch ein Polizist erlitt bei dem Einsatz eine Schussverl­etzung. Er befand sich jedoch nicht in Lebensgefa­hr. Der angeschoss­ene Beamte hatte offenbar mehr Glück als bislang bekannt. Aus Kreisen der örtlichen Polizei wurde unserer Redaktion ein Foto zugespielt, das den Helm des Beamten zeigen soll: Darauf ist erkennbar, wie ein Geschoss tief in die Helmschale eingedrung­en ist. Der CDU-Innenpolit­iker Gregor Golland sagte beim Blick auf das Bild: „Mit einem normalen Helm, wie ihn die Streifenbe­amten in NRW tragen, hätte der Polizist diesen Schuss sicher nicht überlebt.“

Golland, der in den vergangene­n Jahren schon mehrfach bessere Helme für die nordrhein-westfäli- sche Polizei gefordert hat, geht nun von einer neuen Debatte zu diesem Thema aus. Er will das Foto zum Anlass nehmen, das NRW-Innenminis­terium um eine Überprüfun­g der Helmaussta­ttung der Polizei im Land zu bitten. Schusssich­ere Helme aus Titan, wie sie nach BadenWürtt­emberg und Bayern jetzt auch andere Bundesländ­er ihren Polizisten in Aussicht stellen, kosten je nach Ausstattun­g mehr als 1000 Euro. Bislang verfügen in Nordrhein-Westfalen nur die Spezialein­heiten über derartige Helme. Die Helme der NRW-Bereitscha­ftspolizei schützen nicht gegen Beschuss.

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FOTOS (3): DPA Mit einem Großaufgeb­ot war die Polizei in Konstanz im Einsatz. Der Tatort vor der Diskothek „Grey“wurde weiträumig abgesperrt.
 ??  ?? Polizisten sichern die Konstanzer Diskothek „Grey“. Die Schüsse fielen wohl hauptsächl­ich im Eingangsbe­reich des Clubs.
Polizisten sichern die Konstanzer Diskothek „Grey“. Die Schüsse fielen wohl hauptsächl­ich im Eingangsbe­reich des Clubs.
 ??  ?? Der Helm, der einem Polizisten vermutlich das Leben gerettet hat.
Der Helm, der einem Polizisten vermutlich das Leben gerettet hat.
 ??  ?? Diskotheke­nbesucher liegen sich erleichter­t in den Armen.
Diskotheke­nbesucher liegen sich erleichter­t in den Armen.

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