Macht Geld den Fußball kaputt?
Der Fußballspieler Neymar muss schon lange nicht mehr jedes Milliönchen zweimal umdrehen, bevor er es ausgibt. Rund 16 Millionen Euro verdient er im Jahr durch Werbung, gut zwölf Millionen Euro hat ihm sein bisheriger Arbeitgeber FC Barcelona im Jahr überwiesen. Künftig wird er bei Paris St. Germain 40 Millionen Euro bekommen – netto, versteht sich. Dass ihm sein neuer Klub über ein Firmengeflecht mit Unternehmen aus Katar 300 Millionen Euro zugesteckt haben soll, damit Neymar sich mit 222 Millionen bei Barcelona freikaufen und noch eine ordentliche Provision einstecken kann, oder ob er noch mehr kassierte, ist völlig zweitrangig. Denn es sind absurde Summen. Ungesund für das Unterhaltungsgeschäft Fußball und unanständig zugleich.
Ungesund, weil so viel Geld in den Kreislauf gerät, dass selbst die Nebendarsteller die Euro-Scheine mit der Schubkarre vom Vereinsgelände schaffen können. Unanständig, weil kein Gegenwert erbracht werden kann, der auch nur einigermaßen im Verhältnis zu solchen Summen steht. Und absurd, weil die Fantasie einfach nicht ausreicht, sich so viel Geld vorzustellen. Es sieht aus wie ein riesiges, von der Wirklichkeit abgekoppeltes Monopoly.
Es ist nicht einfach, sich diesem Geschäft von der moralischen Seite zu nähern. Der anerkannte Fußball-Romantiker Christian Streich hat sich dennoch bewusst dem amüsierten Stirnrunzeln einer völlig abgehobenen Branche ausgesetzt. Wie ein Prophet aus dem Alten
Was Jürgen Resch (57) und Matthias Müller gemein haben? Beide denken gerne an die Zukunft. Nur sieht diese durch die Brille von Resch, dem Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, etwas anders aus, als wenn Müller, mächtiger Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns, an die nächste Generation Auto denkt. Resch treibt in seinem Kampf für saubere Luft in deutschen Großstädten die deutsche Autoindustrie vor sich her. Für ihn bedeutet Zukunft, dass die Auto-Bosse ihre Dieselflotte so nachrüsten, dass die Selbstzünder aus deutscher Produktion auch im echten Straßenverkehr – und nicht Testament trat der Trainer des kleinen Bundesligisten Freiburg auf. Er sagte solche Sätze: „Der Gott des Geldes wird immer größer, und irgendwann verschlingt er alles. Aber die meisten werden es erst merken, wenn alles verschlungen wird.“Und: „Der Mammon ist eine der größten Gefahren für die Menschen: dass er über sie Besitz ergreift. Und das muss jeder reflektieren. Das ist eine enorme Gefahr.“
Der Fußball entfernt sich mit solchen Geschäften immer weiter von dem, was er selbst seine Basis nennt. In Wirklichkeit ist diese Basis längst nur eine Kundschaft, die brav ihre Beiträge dazu leistet, die Geldmaschine in Bewegung zu halten. Noch. Aber perverse Ablösesummen wie die 222 Millionen Euro für Neymar werden die Entfremdung zwischen dem zynischen Geldsport und seinem Publikum befördern. Irgendwann wird die Basis als Kundschaft wegbröckeln. Es wäre eine gerechte Quittung. Und eine moralische obendrein. So viel Hoffnung darf sein.
Die Summe ist für Normalverdiener nicht vorstellbar: 222 Millionen Euro für einen Fußballstar. Das Internet füllt sich gerade mit Beispielen, was man für einen Neymar – so heißt der brasilianische Spieler, der von Barcelona nach Paris wechseln soll – alles bekommen kann. Doch so astronomisch sich die Summe anfühlt, in der Geschäftswelt, in der mit Milliarden jongliert wird, gehört sie eher zu den überschaubaren Geldbeträgen. Die Elbphilharmonie oder auch nur die Sanierung der Kölner Oper wäre damit nicht zu bezahlen.
Fußball ist ein globales Geschäft geworden. Deutsche wie ausländische Clubs vermarkten den Lieblingssport des Planeten nach allen Regeln der Kunst – Eintrittskarten für futuristische Stadien, gigantische Shows zu Beginn der Spiele, TV-Übertragungsrechte, Verkauf von Fußball-Accessoires, Werbung und so weiter. Allein die englische Premier League verfolgen über eine Milliarde Menschen. Sie hat einen Umsatz von 4,3 Milliarden Euro. Die 32 reichsten Fußballclubs kommen auf einen Kapitalwert von 30 Milliarden Euro.
Schaden die kapitalistischen Zeiten dem Fußball? Ich finde nicht. Die Menschen sind offenbar bereit, für dieses Spektakel viel Geld zu bezahlen. Die aufgerufenen Summen sind Marktpreise in einem freien Verhandlungsprozess. Fußball ist eben ein Produkt, das sich in Zeiten von Internet und Smartphone wie kaum eine andere Sportart weltweit vermarkten lässt. Chinesen und Thais interessieren sich für Clubs wie Manchester United, Barcelona oder den FC Bayern. „Fans in Deutschland und in China haben heute die gleichen Idole“, sagt Adidas-Chef Kasper Rorsted. Das macht sie global wertvoll. Warum sollte man den Menschen das Spektakel verweigern oder mit Auflagen versehen, die das Entstehen von Traummannschaften wie jetzt bei Paris St. Germain (PSG) verhindern?
Dieser Club könnte jetzt zum ernsthaften Rivalen von Real, Juventus und Co. aufsteigen. Das ist Wettbewerb auf höchstem Niveau. Zugleich ist das Geld für den Fußball nicht verloren. Der Verkäufer Barcelona kann noch mehr in seinen Nachwuchs, sein Spielsystem oder Spieler investieren. Andere werden folgen. Und wenn die katarischen Eigentümer von PSG sich verschätzen, steht nicht die öffentliche Hand wie bei der Kölner Oper gerade, sondern die Investoren selbst. Ihr Vermögen schrumpft, und andere steigen auf. So war das übrigens in den „guten alten Zeiten“des Profifußballs auch. Nur dass die Summen geringer waren. fache Vater mehrere Spielarten: Den Stammtisch kann er ebenso bedienen, wie er auch nach Lage aus dem Grundgesetz zitiert, vor allem den Persönlichkeitsschutz. Die Richter des Stuttgarter Verwaltungsgerichts folgten der Sichtweise des Geschäftsführers der Umwelthilfe und stuften die individuelle Gesundheit höher ein als die Freiheit der Diesel-Fahrer. Resch spielt gerne mit den Muskeln: „Wir verlieren nur drei bis vier Prozent unserer Fälle.“Und er stört sich nicht daran, dass die Umwelthilfe mit ihren rund 100 Mitarbeitern auch als „Abmahnverein“kritisiert wird, der sich mit Spenden auch aus der Industrie finanziert. Holger Möhle