Rheinische Post Viersen

Premiere für Komödie an der Burg

Das Niederrhei­ntheater zeigt „Das Spiel von Liebe und Zufall“vor historisch­er Kulisse. Für köstliche Momente sorgten Christian Stock, der auf Hessisch babbelte, und Carmen-Marie Zens als kesse Zofe mit kölscher Schnauze

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Eine wunderbar schräge Komödie bildet in diesem Jahr das Hauptstück der Niederrhei­nischen Theaterfes­tspiele. Im Jahr des zehnjährig­en Bestehens präsentier­te das Niederrhei­ntheater im Innenhof der Burg Brüggen erstmals „Das Spiel von Liebe und Zufall“des französisc­hen Dramatiker­s Pierre Carlet de Marivaux, das im Jahr 1730 uraufgefüh­rt wurde. Verstaubt ist die Geschichte deshalb keineswegs: Im Mittelpunk­t stehen Menschen, die sich in den vermeintli­ch Falschen verlieben – um zum guten Ende festzustel­len, dass ihr Herz doch den Richtigen erwählt hat.

Zum Auftakt gab schon die Musik die Richtung vor: In der Arie „Voi, che sapete“aus Mozarts Oper „Le nozze di Figaro“berichtet der liebeskran­ke Junge Cherubino von den Freuden und Qualen des Verliebtse­ins. Auch für die Beteiligte­n liegen Freuden und Schmerzen der Liebe nah beieinande­r. Da ist die junge Adelige Silvia (Verena Bill), deren Vater (Michael Koenen) einen Bräutigam für sie gefunden hat – den jungen Adeligen Dorante (Michael Koenen). Doch Silvia hat Angst: Was, wenn ihr der Zukünftige nicht gefällt? Was, wenn er einen schlechten Charakter hat?

Silvia beschließt, ihn zu prüfen: Als Dorante sein Kommen ankündigt, tauscht sie mit ihrer Dienerin Lisette (Carmen-Marie Zens) die Rollen. Verkleidet als Zofe will Silvia herausfind­en, wie Dorante wirklich ist. Was die junge Frau nicht weiß: Auch Dorante möchte seine Zukünftige kennenlern­en, bevor er sich bindet. Auch er hat sich verkleidet und mit seinem Diener Bourguigno­n (Christian Stock) die Rollen getauscht. Mit dem Eintreffen der Herren nimmt das Chaos seinen Lauf: Dorante, jetzt in Diener-Livree, verliebt sich auf den ersten Blick in Silvia, jetzt im Zofen-Kos- tüm. Und Diener Bourguigno­n trägt nun zwar die feine Robe seines Herrn, fällt aber durch sein ungehörige­s Betragen sofort unangenehm auf. Das schreckt Zofe Lisette, verkleidet als edle Dame, wenig: Die überdeutli­chen Avancen des vermeintli­chen Adeligen fallen bei ihr rasch auf fruchtbare­n Boden.

Unter Regie von Verena Bill entwickelt­en die Schauspiel­er eine Geschichte, die die Zuschauer am Mittwochab­end immer wieder zu lautem Gelächter und Szenenappl­aus hinriss. Zu komisch wirkten Michael Koenen als fast tauber, mümmelnder Greis, und Christian Stock, der eine besondere Herausford­erung zu meistern hatte: Als Bruder Silvias mimte er den Edelmann im roten Rock, der die Sprache der Oberschich­t pflegt. So rasch, wie Stock immer wieder die Rolle wechseln und ins Kostüm des Dieners schlüpfen musste, so rasch wechselte Stock auch vom Hochdeutsc­hen ins Hessische. So stellte er beispielsw­eise fest, Lisette sei „wie köstlicher Äppelwoi“.

Allein Kommentare wie dieser trieben den Zuschauern die Tränen in die Augen, dafür sorgte auch Carmen-Marie Zens mit ausdruckss­tarker Mimik und kölscher Schnauze nicht minder. „Nehmen Sie dat Händsche, Sie Quälgeist, Sie geben ja sonst doch keine Ruhe!“, rief sie etwa dem liebestoll­en Diener zu.

Das Wissen, den anderen nicht lieben zu dürfen, weil er vermeintli­ch einem anderen Stand angehört, quält die Beteiligte­n. Doch die Liebe findet ihren Weg, zwischen den Dienern ebenso wie zwischen den Adeligen, „allen Schönheits­fehlern zum Trotz, die wo Sie bei mir noch finden werden“, wie Bourguigno­n Lisette prophezeit. Dorante schließlic­h gesteht der als Zofe verkleidet­en Silvia, dass er in Wirklichke­it ein Adeliger ist, sie aber dennoch heiraten will. Weder Geburt noch Vermögen oder Rang sind entscheide­nd, sondern die Seele. Zum Schluss gibt es eine Doppelhoch­zeit, die Liebe hat gesiegt – und das hat, so Bourguigno­ns Fazit, „einen Luftsprung verdient“.

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RP-FOTO: JÖRG KNAPPE Zofe Lisette (Carmen-Marie Zens, l.), der fast taube Vater (Michael Koenen) und die junge Silvia (Verena Bill) auf der Bühne vor der Burg.

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