Rheinische Post Viersen

Elvedis großer Tag

Der 20-jährige Verteidige­r schießt in seinem 61. Pflichtspi­el für Borussia sein erstes Tor für Gladbach – zum 1:0-Sieg im Derby gegen den 1. FC Köln. Das konnte er gestern Abend im Familienkr­eis ausgiebig genießen.

- VON JANNIK SORGATZ

An diesem Laufweg muss Nico Elvedi noch arbeiten. Wie ein scheues Reh schlendert­e er den Kabinengan­g entlang in Richtung der wartenden Journalist­en. Doch durch die schüchtern­e Fassade schimmerte die enorme Zufriedenh­eit, als hätte der Schweizer gerade dick im Casino abgeräumt. Aber so sieht das eben aus, wenn ein 20-Jähriger in seinem 61. Pflichtspi­el für einen Klub sein erstes Tor geschossen hat – das entscheide­nde 1:0 im Derby gegen den 1. FC Köln. „Es fühlt sich natürlich unglaublic­h an. Ich habe mir diese Saison vorgenomme­n, etwas offensiver zu werden. Das hat heute ganz gut geklappt“, sagte Elvedi. Denis Zakaria

Aufgelegt bekam er den Treffer von dem Mann, der eigentlich sein Partner auf rechts ist, in der 49. Minute aber nach links gewechselt war. „Ich habe gesehen, dass Ibo auf der Seite durchkommt. Am Schluss musste ich den Ball eigentlich nur noch reinschieb­en“, sagte Elvedi über die perfekte Flanke des Guineers. Ganz so einfach war es vielleicht doch nicht, wie er Kölns Keeper Timo Horn den Ball durch die Beine schob, war schon clever. Logischerw­eise hat er in zwei Jahren Gladbach noch nie cooler ausgesehen vor dem Tor.

Erster Gratulant vor der Nordkurve war sein Landsmann Denis Zakaria. Wie im Februar 2015 bejubelten zwei Schweizer das 1:0 im Derby, damals sprintete Granit Xhaka nach seinem Last-Minute-Tor 100 Meter über den Rasen und sprang Yann Sommer in die Arme. Selbst wenn es erlaubt wäre, hätte Zakaria aber wohl kein Geld auf einen Siegtorsch­ützen namens Nico Elvedi ge- setzt. „Keine Chance“, sagte der 20Jährige und grinste so breit, wie es nur geht. „Nein Quatsch, Elvedi ist ein super Spieler, ich liebe ihn. Aber es ist die ganze Mannschaft, die gut war“, stellte Zakaria klar.

Das Lob des Trainers geriet nicht gleich zum Liebesbewe­is, aber inhaltlich klopfte Dieter Hecking dem Siegtorsch­ützen genauso fest auf die Schulter. „Nico war für mich vergangene Saison schon einer der un- terbewerte­ten Spieler. Umso toller, dass er jetzt das Tor gemacht hat“, sagte Hecking. Herausrage­nder fand er jedoch Elvedis Aktion im Angriff unmittelba­r nach dem 1:0, für den Trainer „die Szene des Spiels“. Konnte man so sehen: Immerhin hatte Elvedi gerade noch im Nordosten des Stadions gejubelt, als er im Südwesten im letzten Moment in den Schuss von Jhon Córdoba grätschte.

Aber der Fußball ist eben die Sportart, in der Torjäger oder zumindest virtuose Künstler zum Weltfußbal­ler gewählt werden. Dass einer wie Abwehrspie­ler Fabio Cannavaro 2006 den Titel gewinnt, ist selten wie eine Sonnenfins­ternis. Also wird man sich im Mai – was auch immer die erfolgreic­h gestartete Saison gebracht haben mag – vor allem an Elvedis Tor erinnern. Es war sein zweites als Profi, das erste hatte er am 9. November 2014 für den FC Zürich beim 1:0 in Aarau erzielt (am gleichen Tag schoss ein gewisser Christoph Kramer ein Eigentor aus 45 Metern in Dortmund).

In der Vorbereitu­ng war Elvedi in Wuppertal zumindest ein TestspielT­or gelungen. Insgesamt will er vorne präsenter werden. Dani Alves ist mit seinen Offensivlä­ufen das Vorbild, nur wäre wohl jeder Rechtsvert­eidiger gerne Dani Alves. „Ich will mehr hinterlauf­en, mehr flanken, schlussend­lich mehr Assists machen“, präzisiert­e Elvedi seine Ziele. In der starken Anfangspha­se seiner Mannschaft war davon schon etwas zu sehen. Wenn seine Kollegen nicht so viele Chancen vergeben hätten, wäre die Geschichte vom „Derby-Held“Elvedi nie geschriebe­n worden. So aber konnte er den Abend mit der Familie, die zu Besuch war, besonders genießen. Nur ist Elvedi da ähnlich zurückhalt­end wie im Kabinengan­g. „Groß gefeiert wird eigentlich nicht“, sagte er.

„Elvedi ist ein super Spieler, ich liebe ihn. Aber es die Mannschaft, die gut war.“ Mittelfeld­spieler

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Gemeinsame­r Jubel-Lauf: Nico Elvedi (links) freut sich über seinen entscheide­nden Treffer zum 1:0-Derbysieg über Köln, Denis Zakaria begleitet ihn auf seinem Weg.

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