Rheinische Post Viersen

Amern kommt gegen Union von Siegerstra­ße ab

Im Grenzland-Derby der Fußball-Landesliga sahen die VSF daheim lange wie der sichere Sieger aus. Doch am Ende hieß es 3:3.

- VON DAVID BEINEKE

SCHWALMTAL Es war ein Bild des Jammers, als Schiedsric­hter Marco Lechtenber­g nach kurzer Nachspielz­eit das Grenzland-Derby in der Fußball-Landesliga zwischen den VSF Amern und Union Nettetal Samstagabe­nd mit dem Schlusspfi­ff beendete. Die meisten Spieler der Amerner sanken wie schwer getroffene Boxer auf dem neuen Kunstrasen des Rösler-Stadions in sich zusammen – als hätten sie gerade eine krachende Niederlage kassiert. Dabei hatten sie ihre bislang mit Abstand beste Saisonleis­tung abgerufen und den mit drei Siegen in die Spielzeit gestartete­n Nettetaler­n ein 3:3 (1:0) abgetrotzt.

Für maximalen Frust sorgte allerdings, dass die Gastgeber über weite Strecken wie der sichere Gewinner ausgesehen hatten und erst in der Schlusspha­se von der Siegerstra­ße abgekommen waren. „Das fühlt sich ganz klar wie eine Niederlage an. Nach dem 2:0 waren die doch mausetot, wir bringen die doch wieder ins Spiel“, brachte VSF-Mittelfeld­spieler Tobias Bruse nach der Partie die Stimmung in seinem Team auf den Punkt. Klar, dass das auf der anderen Seite völlig anders aussah. Die emotionale Achterbahn­fahrt der Nettetaler führte über einen 0:2Rückstand, den 2:2-Ausgleich und den erneuten Rückstand in der 87. Minute bis hin zum absoluten Höhepunkt – dem 3:3 in der 90. Minute. Union-Trainer Andreas Schwan war gezeichnet von einer für ihn sehr aufregende­n Woche. Zunächst war er ein paar Tage zuvor zum zweiten Mal Vater geworden, und dann bescherte ihm seine Mannschaft eine solch spannende und vor allem er- folgreiche Aufholjagd. „Bis zur 60. Minute waren wir fußballeri­sch richtig schwach. Doch wenn man dann in einem Derby noch 3:3 spielt, spricht das für die Moral. Ich habe einfach eine geile Truppe“, sagte Schwan.

Dass es für seine Mannschaft zunächst fußballeri­sch überhaupt nicht gut lief, hatte auch ganz viel damit zu tun, dass Amern ganz viel richtig machte. Gut organisier­t und mit hohem läuferisch­en Einsatz verhindert­en die Gastgeber, dass die Nettetaler Tempo in ihr Spiel bekamen. Die schnellen Außenspiel­er mussten immer wieder nach innen ziehen, wo das Zentrum gut gesichert war – und das, obwohl VSFAbwehrc­hef Dominik Kleinen ver- letzungsbe­dingt schon früh vom Feld und durch Toni Weis ersetzt werden musste. Das zeitige Stören und aggressive Zweikampfv­erhalten der VSF schmeckte den Gästen überhaupt nicht und veranlasst­e sie zu vielen Fehlern. Nachdem Tobias Bruse nach einer Ecke aus dem Gewusel im Strafraum heraus die verdiente Führung erzielt hatte (25.), bekamen die Amerner die Partie noch besser in den Griff, konnten aber kein Tor nachlegen.

Das gelang erst 20 Minuten nach der Pause, als der Schiedsric­hter nach einem Geschubse im Strafraum auf Elfmeter für Amern entschied und Michel Busen in seinem vorerst letzten Spiel für die VSF (er zieht nach Hamburg) sicher verwandelt­e. Danach war es vor allem der nach der Pause gekommene Brian Dollen, der Nettetal nach vorne trieb. Zunächst zwar ohne durchschla­genden Erfolg. Doch als auch die Union nach einem Abstimmung­sfehler der VSF einen berechtigt­en Strafstoß zugesproch­en bekam, Tobias Gorgs verwandelt­e (79.) und Dollen selbst wenig später per Freistoß durch die Beine von Amerns Keeper Dennis Metten traf (81.), war die Union wie aus dem Nichts wieder im Spiel. Als dann aber Max Gotzen eine tolle Vorarbeit von Christophe­r Hermes per Kopf zum 3:2 veredelte, sprach wieder alles für Amern. Dass das aber doch noch nicht das Ende für die Union war, hatte die auch ihrer starken Bank zu verdanken. Der in der Schlusspha­se eingewechs­elte Mitsuhara Fujihara durfte ungestört flanken und fand den Kopf des wie Dollen nach der Pause gekommene Moritz Münten. Dass der Youngster bei seinem ersten Einsatz für die Union dieses wichtige Tor machte, ist eine weitere tolle Geschichte des rassigen Derbys. Verständli­ch, dass der späte Ausgleich auch VSFCoach Willi Kehrberg kräftig die Laune verhagelte. „Doch wir müssen auch sehen, dass wir gegen ein Topteam einen Punkt holen und gezeigt haben, dass wir absolut konkurrenz­fähig sind.“

Auch wenn das Resultat des Derbys auf dem Papier 3:3 war, gab es gestern zwei Gewinner im Rösler-Stadion. Zum einen die Zuschauer, die eine Partie mit höchstem Unterhaltu­ngswert geboten bekamen. Zum anderen die Nettetaler, die aus einem verloren geglaubten Spiel immerhin noch ein Unentschie­den machten und dabei erneut ihre große Variabilit­ät durch den großen und qualitativ hochwertig­en Kader unter Beweis stellten. Die Amerner deswegen als Verlierer abzustempe­ln, ginge aber zu weit. Sie haben über weite Strecken eine ganz starke Vorstellun­g abgeliefer­t, die Mut für die kommenden Wochen machen sollte. David Beineke

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FOTO: HORST SIEMES Im Derby gegen Nettetal waren die Amerner, wie hier Nico Oelsner (r.) gegen Tobias Gorgs, oft einen Tick früher am Ball. Doch am Ende mussten sich die VSF mit einem Unentschie­den zufrieden geben.

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