„Ich bin keine Drückebergerin“
Die britische Premierministerin Theresa May dementiert Rücktrittsgerüchte. Sie will im Amt bleiben.
LONDON Theresa May gibt sich kämpferisch. An den Gerüchten, dass sie bald zurücktreten wolle, sei nichts dran, erklärte die britische Premierministerin, die sich gerade auf einer Auslandsreise in Japan befindet. „Ich bin keine Drückebergerin“, unterstrich May, „ich bin hier auf lange Sicht.“Ob sie denn auch die Konservativen in fünf Jahren in die nächsten Wahlen führen werde, wurde sie gefragt. „Ja“, gab die Premierministerin unmissverständlich zu verstehen.
Die Parteifreunde im Königreich wundert’s, haben die Konservativen doch soeben erst eine äußerst enttäuschende Wahl erlebt. Im April hatte May noch eine absolute Mehrheit im Parlament, setzte aber trotzdem vorgezogene Neuwahlen an, um sich eine größere Mehrheit zu sichern. Die Umfragen gaben ihr damals recht: Die Konservativen lagen haushoch vor Labour. Innerhalb von sechs Wochen gelang es May, mit einen miserablen Wahlkampf einen Vorsprung von 20 auf zwei Prozent zu schrumpfen. Jetzt hat sie ihre absolute Mehrheit verloren, und ihre Regierung ist auf die Duldung durch die rechtslastige nordirische DUP angewiesen.
Nach der Wahl gab sich May zuerst bescheiden. Solange ihre Parteifreunde zu ihr stünden, würde sie im Amt bleiben, versprach sie. Zuvor hatte sie der ehemalige Schatzkanzler George Osborne als „dead woman walking“bezeichnet, als wandelnde Frauenleiche, deren Tage gezählt sind. Innerhalb der Fraktion konnte sich niemand vorstellen, dass May die Torys noch einmal in einen Wahlkampf führen würde. Die Prognose der Buchmacher lautete: Vor Ende des Jahres wird sie abgelöst.
Doch dann wurde offensichtlich, dass ein geeigneter Nachfolger zur Zeit nicht bereitsteht. Außenminister Boris Johnson oder Brexit-Minister David Davis haben viel von ihrer Popularität eingebüßt. Eine Hoffnungsträgerin wie Ruth Davidson, die Chefin der schottischen Konservativen, die über Charisma und politisches Geschick verfügt, kommt nicht infrage, weil sie keinen Sitz im Unterhaus hat. Außerdem erwies sich die Schwäche der Regierung als Hilfe für May: Nur nicht die Pferde scheu machen, lautete die Parole, nur keine Neuwahl riskie- ren, die womöglich den LabourChef Jeremy Corbyn in die Downing Street einziehen lassen würde.
So beschloss man, die Sache zu vertagen. May sollte als Statthalterin in der Downing Street verbleiben, bis die Brexit-Verhandlungen im März 2019 abgeschlossen sind. Danach sollte ein Nachfolger gefunden werden, der bis zu den Wahlen im Jahre 2022 genügend Zeit hätte, sich zu etablieren. Letzte Woche verkündete der „Daily Mirror“sogar das Datum für Mays Abgang: Am 30. August 2019 sollte er erfolgen. Jetzt hat die Chefin selbst Einspruch eingelegt – mehr noch: May hat weitere fünf Jahre als Parteivorsitzende gefordert. Eine der Ersten, der sie dabei unterstützte, war der Außenminister Boris Johnson. Die Premierministerin habe seine „ungeteilte Unterstützung“, sagte er: „Wir müssen den Brexit schaffen. Sie ist ideal platziert, um ein großes Resultat für unser Land zu erreichen.“Andere Parteifreunde waren da allerdings weniger enthusiastisch.