Rheinische Post Viersen

Troublesho­oter für den Strafraum

Gegen Frankfurt sollten in der Schlusspha­se zwei Mittelstür­mer die Wende bringen. Das klappte nicht. Aber Routinier Raúl Bobadilla und Bundesliga-Debütant Julio Villalba sind angesichts der Gladbacher Torflaute wohl jetzt näher dran an der Startelf.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Statistik seines ersten Arbeitsein­satzes in der Bundesliga ist nicht spektakulä­r. Julio Villalba stand inklusive Nachspielz­eit 14 Minuten auf dem Rasen, gab keinen Torschuss ab, gewann einen von fünf Zweikämpfe­n und eines von drei Kopfballdu­ellen, zwei seiner vier Pässe kamen an. Vor allem ging das Spiel gegen Frankfurt 0:1 verloren. Trotzdem sagte der 18 Jahre alte Paraguayer: „Es war etwas Besonderes für mich.“Nie zuvor hatte er vor 50.000 Menschen Fußball gespielt.

Sein Bundesliga-Debüt kam schneller als erwartet. Experten hatte weit eher mit dem Erstling des begabten Franzosen Mickael Cuisance gerechnet. Schließlic­h, das hatte Borussias Vizepräsid­ent Rainer Bonhof im Sommer gesagt, ist es für den Stürmer aus Südamerika ein „Schnupperj­ahr“in Deutschlan­d. Dabei bleibt es. Doch jede Minute ist wichtig für ihn. In der U23 ist er nicht spielberec­htigt. Nur EU-Ausländer und Staatsange­hörige aus neun Ländern dürfen eingesetzt werden. Paraguay gehört nicht dazu. Weswegen für Villalba Testspiele wie heute gegen Venlo (nicht öffentlich) eine Bühne sind. Bei Bedarf aber eben auch die Bundesliga.

Als Trainer Dieter Hecking Villalba zu sich holte, um ihm seinen Job für die Schlusspha­se des FrankfurtS­piels zu erläutern, streckte er zwei Finger aus. Sollte heißen: „Du bist der zweite Mittelstür­mer neben Boba.“Dass Hecking dem Unerfahren­en das Vertrauen schenkte, beim 0:1 noch etwas bewegen zu können, stützt Bonhofs These, dass Villaba einen ausgeprägt­en Torinstink­t hat. „Er hat ein Näschen, wo der Ball hinkommt, und dann ist er da, und man wundert sich, wie er dahin ge- kommen ist. So macht er seine Tore“, sagte Bonhof. Villalba ist nur 1,74 Meter groß, doch sehr kopfballst­ark. Das zeigte er im Testspiel gegen den MSV Duisburg, als er in letzter Minute das 2:2 erzielte. Der eine oder andere Beobachter staunte über den „Villalbatr­os“. Gegen Frankfurt schaffte Villalba den Aus- gleich nicht. Doch er ist vom reinen Lehrling zum ernsthafte­n Einwechsel-Kandidaten geworden, zumindest jetzt, da Offensivsp­ieler wie Ibo Traoré oder Vincenzo Grifo fehlen.

Er und Bobadilla gehören zu einer Gattung Stürmer, die in Gladbach jahrelang eher verpönt war: Ihre natürliche Umgebung ist der Strafraum. Bobadillas Kurzeinsät­ze gegen Köln und Frankfurt verdeutlic­hten das. Der 30-Jährige machte mit Wucht und Willen durchaus Betrieb in der „Box“, wenn auch der Ertrag ausblieb. Er ist er einer, über den Abwehrspie­ler sagen, dass es wehtut, gegen ihn zu spielen. Auch Villalba kann austeilen.

Es ist klar definiert, dass Bobadilla der Plan B ist, falls es nicht läuft. Je mehr er spielt, desto mehr bedeutet das: Plan A klappt nicht. „Boba“ist dann der Troublesho­oter, der Problemlös­er. Dass er das stets nur von der Bank aus sein muss, ist indes sicher nicht in Stein gemeißelt. Bislang sind die hochbegabt­en Offensivkr­äfte der Borussen noch ohne Tor. Und Tore sind nun mal die härteste Währung im Fußball. Die „etwas anderen“Stürmer im Aufgebot, Bobadilla und Villalba, dürften daher näher ran gerückt sein an die Startelf. Vor allem Bobadillas Aggressivi­tät kann Gegner beeindruck­en. Vielleicht auch Leipzig am Samstag. Dass dieses Stilmittel gegen technisch versierte Teams helfen kann, bekamen die Borussen gegen Frankfurt zu spüren. Nach dem Spiel telefonier­te Julio Villalba mit seinem Vater. Manöverkri­tik. Das tut er immer nach seinen Einsätzen. Am Wochenende wird sicher auch gesprochen. Villaba wird Sonntag 19. Er hätte aber auch nichts dagegen, sich Samstag schon zu unterhalte­n. Über seinen zweiten Gladbach-Einsatz. „Ich bin bereit für weitere Spiele“, sagt er.

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FOTO: IMAGO „Du bist der zweite Mittelstür­mer neben Boba“: Dieter Hecking macht Julio Villalba vor seinem Einsatz per Zeichenspr­ache klar, was sein soll.
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FOTO: PÄFFGEN Betrieb im Strafraum: Raúl Bobadilla versucht Lukas Hradecky zu überlisten, Julio Villalba schaut zu, wie es sein „Ziehvater“macht.

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