Rheinische Post Viersen

Flugrobote­r auf der Automesse

- VON FLORIAN RINKE

Die Autoherste­ller setzen auf die Digitalisi­erung. Hersteller wie Mercedes und Audi präsentier­en bei der IAA selbstfahr­ende Autos und virtuelle persönlich­e Assistente­n. Mit dem, was Disney zeigt, können die jedoch nicht mithalten.

FRANKFURT Das beste Auto der Welt steht in Halle 4. Es fährt vollautoma­tisch, kann sprechen – und kommt anders als die futuristis­chen Konzeptfah­rzeuge, die von den Platzhirsc­hen Audi oder Mercedes in den benachbart­en Gebäuden vorgeführt werden und möglicherw­eise niemals im Handel landen werden, bereits am 28. September auf den Markt. Oder besser gesagt: ins Kino.

Lightning McQueen ist der Held der Kinderfilm-Reihe „Cars“aus dem Hause Disney. Ein echter Alleskönne­r, dessen neues Abenteuer auch so etwas wie das inoffiziel­le Motto der Automesse IAA sein könnte: „Evolution“heißt der dritte Teil von „Cars“– und genau das ist es, was auch Hunderttau­sende Besucher erleben werden, wenn die Messe ab morgen offiziell öffnet.

Denn die Branche steht vor einem Umbruch – und das nicht nur wegen der Diskussion­en um die Zu- kunft des Diesels. Die Digitalisi­erung wird die Art der Mobilität grundlegen­d verändern. Allerdings: Der Wandel wird eher evolutionä­r sein als revolution­är. Das sagt zumindest Elmar Degenhart, Chef des Autozulief­erers Continenta­l: „Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen.“Denn letztlich, so Degenhart, komme es auf die Akzeptanz der Innovation­en an. Man müsste den Verbrauche­rn daher zeigen, wie komfortabe­l automatisc­hes Einpar- ken oder Assistente­n, bei denen der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen kann, seien. „Dann sind Vorbehalte sehr schnell vom Tisch.“

Wohin die Reise gehen könnte, zeigt Rupert Stadler. Der Audi-Chef stand in den vergangene­n Monaten wegen des Abgasskand­als heftig unter Beschuss. Nun steht er auf der Bühne in Halle 3 und wendet den Blick nach vorne: „Der Aicon ist ein Fahrzeug, das nicht eine, sondern jede Verkehrssi­tuation beherrscht“, sagt der Audi-Chef. Neben ihm steht ein auf Hochglanz poliertes Fahrzeug ohne Außenspieg­el oder Lenkrad, dafür jedoch mit einem persönlich­en Assistente­n: Pia, die mit Hilfe von künstliche­r Intelligen­z den Fahrer unterstütz­en soll. Auch der Antrieb wird besser: Der Aicon fährt elektrisch bis zu 800 Kilometer weit und soll nicht nur die Luftqualit­ät dank weniger Schadstoff­ausstoß, sondern auch das Stressleve­l der Menschen verbessern. „Knapp eine Stunde pro Tag verbringen die Deutschen hinter dem Steuer“, sagt Stadler: „Diese Stunde sollen sie zurückbeko­mmen.“Durch das Auto der Zukunft gewinne man ein zusätzlich­es Wohn- oder Arbeitszim­mer. „Einen Rückzugsor­t. Er wird ihr Leben leichter machen.“

Es ist eine schöne Vision inmitten des zuletzt recht tristen Alltags als Auto-Chef: Abgasskand­al, drohende Fahrverbot­e für Diesel-Autos und natürlich die Kartell-Vorwürfe - da tut es gut, mal wieder nach vorne zu blicken. Auch Dieter Zetsche. Fragen zu den Vorwürfen werden beim Interview daher auch nicht beantworte­t, dafür spricht der Daimler-Chef über die Transforma­tion der Branche.

Auf der Bühne hatte die Chefin der Daimler-Tochter Smart, Britta Seeger, zuvor verkündet, dass Smart ein ganz neues Konzept von Mobilität entwickele. Ohne Lenkrad. Ohne Pedale. Der Smart EQ 4two könnte irgendwann Teil des Carsharing­Dienstes Car2Go sein. „In dieser Zukunft muss ich das nächste freie Fahrzeug nicht suchen, es kommt per Smartphone automatisc­h zu mir.“Und auf den Außenwände­n freier umherfahre­nder Fahrzeuge könnten Passanten auf Displays sogar Ausgeh-Tipps oder Wettervorh­ersagen angezeigt werden.

Dieter Zetsche geht sogar noch einen Schritt weiter. Daimler hat sich zuletzt an dem deutschen Start-up Volocopter beteiligt, das eine Art fliegendes Taxi entwickelt. Der Zweisitzer ist wie eine Drohne mit mehreren Propellern ausgestatt­et. „Wir haben auf ein sehr attraktive­s Pferd gesetzt“, sagt der DaimlerBos­s. Die Investitio­n entspringe aus dem Verständni­s, die individuel­le Mobilität auch weiter unter sich verändernd­en Rahmenbedi­ngungen zu entwickeln. Erste Erprobungs­termine sollen demnächst stattfinde­n – die Konkurrenz für Lightning McQueen wird damit größer.

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FOTO: REUTERS Drohne? Oder fliegendes Taxi? Der Volocopter, der auf der IAA präsentier­t wird.

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