Rheinische Post Viersen

Profis spielen mit Schülern blind Fußball

Fußball spielen ohne irgendetwa­s zu sehen, den Alltag als blinder Mensch erleben: Einen Tag lang hielt das Erlebnismo­bil der Christoffe­l-Blindenmis­sion am Clara-Schumann-Gymnasium

- VON BIANCA TREFFER

DÜLKEN „Noch einmal aufpassen, dann hast du es geschafft“, sagt Ottfried Sannemann mit Blick auf den Sechstkläs­sler des Clara-Schumann-Gymnasiums, der aus einem Gang herauskomm­t. Simo tastet sich vorsichtig, den Langstock vor sich herschwenk­end, an das letzte Stück des Weges heran und meistert vorsichtig eine Stufe. Sichtlich beeindruck­t zieht der Gymnasiast die Brille, die die Augenerkra­nkung Grauer Star simuliert hat, ab. Dann übergibt es sie zusammen mit dem Stock an den Mitarbeite­r der Christoffe­l-Blindenmis­sion (CBM). „Ich konnte die Stufen nicht erkennen und bin sogar im hinteren Bereich vor die Wand gelaufen, weil ich sie nicht richtig ausmachen konnte“, erzählt Simo, als er das Erlebnismo­bil der CBM verlässt.

Wie es ist, wenn die Sehkraft durch eine Erkrankung betrübt ist, das konnten jetzt die Schüler quer durch die Stufen fünf bis neun am Clara-Schumann-Gymnasium erfahren. Das Erlebnismo­bil der CBM machte vor Ort Station. Die blinde Nina Odenius, Studentin und einst Schülern des Gymnasiums, hatte vor dem Hintergrun­d der Woche des Sehens im Oktober das Erlebnismo­bil für ihre ehemalige Schule organisier­t. „Es ist wichtig Menschen für Mitmensche­n mit Handicap zu sensibilis­ieren“, sagt sie.

Simo gesellt sich zu seinen Klassenkam­eraden, die den Parcours mit den unterschie­dlichen Bodenbeläg­en, Hinderniss­en wie Mülltonnen und Stufen ebenfalls schon gemeistert haben. „Ich hatte keinerlei Orientieru­ng mehr“, meint Freya, während es Neela nicht fassen kann, dass sie direkt vor einem Vorhang stand und diesen aufgrund der Simulation­sbrille nicht sehen konnte, sondern ihn erst bemerkte, als sie weiterging und ihn berührte.

Aber nicht nur das zehn Meter lange Erlebnismo­bil vermittelt einen Einblick in die Welt von blinden und sehbehinde­rten Menschen. In der Turnhalle des Gymnasiums ist der Fußball im Einsatz. Allerdings ein besonderes Modell. Es ist innen mit Rasseln versehen, und das ist unabdingba­r. Denn die Menschen, die mit ihm Fußball spielen, sehen nichts. Wie es möglich ist, als Blinder diesen Sport auszuüben, demonstrie­ren Hasan Caglikalp und Enrico Göbel vom Blindenfuß­ballteam von Borussia Dortmund.

Göbel stellt sich an die dicke blaue, hochkant stehende Turnmatte und klopft gegen den rechten Rand. „Rechter Pfosten“, informiert der Nationaltr­ainer den blinden Caglikalp, der einige Meter entfernt mit dem Ball zu Füßen wartet. Das gleiche wiederholt sich an der rechten Seite und der Informatio­n, wo sich die Mitte befindet. Dann bezieht der Siebtkläss­ler Tjark Position im Tor. In der Turnhalle ist es still, als Caglikalp ausholt und den Ball voller Power genau ins Tor schießt. Alles geht so schnell, dass Tjark keine Chance hat ihn zu halten. Die zuschauend­en Siebtkläss­ler applaudier­en donnernd.

Danach kann sich der Fußballspi­eler vor Fragen nicht mehr retten. Alle wollen mehr über den Blindenfuß­ball wissen, wobei jeder einmal ausprobier­en darf, was es heißt ohne zu sehen auf ein Tor zu schießen, das andere nur durch Angaben wie „Links“, „Rechts“und „Mitte“markieren.

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RP-FOTO: FRANZ-HEINRICH BUSCH In der Turnhalle demonstrie­rten Spieler des Blindenfuß­ballteam von Borussia Dortmund den Schülern, wie treffsiche­r sie sind.

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