Für die Muttergottes darf es auch krachen
Erst unlängst hatten wir auf den wunderbaren spanischen Dirigenten und Instrumentalisten Jordi Savall aufmerksam gemacht, doch nun kommt eine neue CD, die uns erneut allerhöchsten Respekt abnötigt und noch mehr Freude spendet. Sie bietet die legendären „Cantigas de Santa Maria“, die europaweit größte Liedsammlung mit marianischem Inhalt, entstanden ungefähr in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Dieses Konvolut muss unter der Ägide des damaligen Königs von Kastilien, Alfons X. (genannt „der Weise“) entstanden sein, und sie ist musikgeschichtlich insofern aufregend, als sie die Ausgelassenheit und Sinnenfreude der damaligen Troubadour-Kunst in den Kirchenraum holt. Das ist alles andere als andächtig und marianischfromm, sondern es hat Rhythmus, Temperament, federnden Witz. Gesungen und musiziert wird von Jordi Savalls beiden Ensembles, der Capella Reial de Catalunya und Hesperion XX, wieder einmal grandios. Für die Muttergottes darf es also auch mal krachen, dem weisen König Alfons sei Dank. w.g. Alfonso X El Sabio, „Cantigasde Santa Maria“; La Capella Reial de Catalunya, Hesperion XX, Jordi Savall (AliaVox)