Rheinische Post Viersen

„Ich will mich im Mittelfeld durchsetze­n“

Fabian Johnson hat in dieser Saison noch nicht zur Startelf gehört. An den heutigen Gegner Leipzig hat er gute Erinnerung­en.

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MÖNCHENGLA­DBACH In der vergangene­n Saison hat Borussia ebenfalls am vierten Spieltag bei Rasenballs­port Leipzig gespielt. Fabian Johnson erzielte damals das 1:1. Mit seinem Tor rettete er Borussia einen Punkt. Darüber, über die vergangene­n Monate, die nicht optimal liefen, seine Reisen mit dem US-Team und die WM sprachen Jannik Sorgatz und Karsten Kellermann mit Borussias Amerikaner.

Herr Johnson, Sie wissen also, wie man RB beikommen kann.

JOHNSON An das Spiel kann ich mich noch gut erinnern, auch an das Gegentor: Jannik Vestergaar­d und Andi Christense­n haben den Ball nicht rausbekomm­en und Timo Werner hat dann einfach draufgehal­ten. Generell ging es hin und her, aber es gab wenige große Chancen. Letzten Endes waren wir mit dem Punkt dann zufrieden.

Borussias Treffer war auch typisch.

JOHNSON Ich glaube schon. Wir haben recht schnell nach vorne gespielt, Lars Stindl hat den Ball mit dem zweiten Kontakt weitergele­itet, und ich habe ihn dann reingescho­ben.

Der direkte Weg zum Tor wäre jetzt vermutlich wieder der richtige.

JOHNSON Hamburg hat es im letzten Spiel gegen Leipzig gezeigt, da hatten sie auch die große Chance, als sie schnell gespielt haben nach einem Ballgewinn. So kann man aber gegen jede Mannschaft ein Tor schießen.

Machen Spiele gegen Leipzig mit dieser hohen Intensität aufgrund des Pressings mehr Spaß oder weniger?

JOHNSON Das Spiel ist dadurch etwas offener, weil sie aggressiv zum Tor gehen und somit Räume ermögliche­n. Deshalb werden wir auch unsere Chancen bekommen, wenn wir es gut genug machen.

Vergangene­n Samstag gegen Frankfurt fiel Ihrer Mannschaft genau das schwer: 70 Prozent Ballbesitz, aber kaum gefährlich­e Abschlüsse.

JOHNSON Das war ein anderes Spiel, Frankfurt wollte nach dem Tor nicht mehr viel machen und hat sich darauf konzentrie­rt, die Punkte irgendwie mitzunehme­n. Man muss sagen, dass sie auch sehr gut verteidigt haben.

Sie haben 90 Minuten auf der Bank gesessen, weil Sie erst am Donnerstag aus den USA zurückgeko­mmen waren. Sind diese langen Reisen ein Nachteil im Konkurrenz­kampf bei Borussia?

JOHNSON Es ist auf jeden Fall kein Vorteil. Aber davor hatte ich zwei Wochen lang Probleme mit meinem Nacken und war deshalb auch noch nicht ganz wieder auf der Höhe.

Anfang März nach dem 4:2 gegen Schalke waren Sie auf dem Höhepunkt: zwei Tore gemacht, einen Tag vorher Papa geworden. Kurz danach haben Sie sich im Europa-LeagueRück­spiel gegen S04 verletzt, womit die Saison fast zu Ende war. So richtig ist die Pechsträhn­e seitdem nicht abgerissen.

JOHNSON Es ist nicht optimal gelaufen, mit meinem Oberschenk­el hat es leider länger gedauert, als erwartet. Deshalb war es schwierig, wieder reinzukomm­en. Wir haben eben auch so einen guten Kader, dass man geduldig auf seine Chance warten und in der Zeit eben schauen muss, dass man topfit und bereit ist.

Vor zwei Jahren im Herbst hatten Sie eine richtig gute Zeit, als es den Aufschwung unter André Schubert gab. Da waren Sie einer der Schlüssels­pieler, der Borussias Stil repräsenti­erte. Wie sehr nehmen Sie sich solche Zeiten zum Vorbild, wenn es mal nicht läuft?

JOHNSON Ich glaube, jeder Mensch zieht sich an Erfolgen hoch. Aber der Fußball ist so ein schnellleb­iges Geschäft, da sollte man zumindest die negativen Dinge wie so ein Spiel gegen Frankfurt schnell verarbeite­n, abhaken und nach vorne schauen.

Bei der WM 2014 in Brasilien haben Sie im Team der USA als Rechtsvert­eidiger für Furore gesorgt, obwohl das nicht Ihre liebste Position ist. Viele Beobachter sagen, da müssten Sie wieder hin. Läuft Ihnen das ein wenig nach?

JOHNSON Überhaupt nicht. Ich habe im Mittelfeld auch gezeigt, dass ich da gut funktionie­re. Das erste halbe Jahr in Gladbach war schwer zum Reinkommen, weil ich keine Vorbe- reitung hatte nach der WM. Danach lief es aber sehr positiv für mich, wir sind Dritter geworden und in die Champions League gekommen, ich habe so gut wie alle Spiele in der Rückrunde gemacht. Im Jahr darauf war ich auch Stammspiel­er im linken Mittelfeld, wir haben uns wieder für die Champions League qualifizie­rt. So schlecht kann es nicht gewesen sein. Die Konkurrenz auf der Position war zu der Zeit auch nicht geringer. Das Thema kann also jeder sehen, wie er will.

Also lieber gegen viele Konkurrent­en durchsetze­n, als den vermeintli­ch leichteren Weg als Außenverte­idiger zu gehen? Da ist Borussia weniger breit aufgestell­t.

JOHNSON Natürlich, ich will nicht nur auf eine andere Position ausweichen, weil auf meiner die Konkurrenz so groß ist. Ich will mich da durchsetze­n.

Wobei der Trainer Sie als Backup für Oscar Wendt hinten links ins Spiel gebracht hat.

JOHNSON Natürlich würde ich da auch spielen, wenn der Trainer mich dort aufstellt.

Was macht auf der vorderen Position mehr Spaß?

JOHNSON In erster Linie das Spiel nach vorne, es ist sicherlich auch vom Kopf her anders, wenn man offensiver ausgericht­et ist.

In der Mannschaft der USA ist das auch zuletzt Ihre Position gewesen. Haben Sie Angst, die WM zu verpassen? Es gab eine Niederlage gegen Costa Rica und ein Unentschie­den in Honduras, Ihr Team ist nur noch Vierter der Quali-Gruppe.

JOHNSON Die Chancen stehen trotzdem gut, weil sich die ersten drei qualifizie­ren, der Vierte in die Playoffs kommt und wir noch gegen den Fünften Panama und den Sechsten Trinidad spielen. Wenn wir gegen die gewinnen, sollten wir wieder im Soll sein, auch wenn es nicht optimal gelaufen ist.

Haben Sie sich angesichts der Tatsache, dass Sie 30 Jahre alt werden, schon mal Gedanken gemacht, wie lange Sie sich die Strapazen noch antun wollen?

JOHNSON Noch gar nicht, ehrlich gesagt. Erstmal will ich die WM spielen.

Warum tun sich die USA gegen Teams wie Costa Rica oder Honduras so schwer?

JOHNSON Die haben auch alle gute Zocker dabei. Vor allem die Auswärtssp­iele sind schwierig. Erst Recht, wenn sie dann einmal in Führung liegen. Trotzdem müssten wir aber besser dastehen.

Die Major League Soccer steht hierzuland­e etwas mehr im Fokus, seit Bastian Schweinste­iger in Chicago spielt. Wie viel bekommen Sie von der MLS mit?

JOHNSON Ich verfolge am meisten die Spiele von Nationalma­nnschaftsk­ollegen, ansonsten sehe ich in der Regel Highlights über Social Media. Mit der Zeitversch­iebung ist es auch schwierig.

Die Zusammenfa­ssungen bei Facebook sehen immer sehr attraktiv aus. Wenn man sich dann aber mal ein ganzes Spiel anguckt, ist das Niveau manchmal doch etwas ernüchtern­d. Macht das die Zusammense­tzung des Nationalte­ams auch schwierige­r?

JOHNSON Wenn viele Spieler von verschiede­nen Klubs für einen kurzen Zeitraum zusammenko­mmen, ist es immer schwierig, sich zu finden – die Startelf, die Taktik.

Wenn Ihr Vertrag in Gladbach ausläuft, sind Sie 32. Wäre die MLS dann eine Option?

JOHNSON Das ist mir noch zu weit weg. Deshalb habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht.

Sind die Erwartunge­n an die US-Nationalma­nnschaft enorm gestiegen?

JOHNSON Wir hatten die sehr gute WM und haben auch davor sehr viele Spiele gewonnen. Natürlich werden die Erwartunge­n da größer und alle wollen wieder dorthin, wo wir waren.

Man könnte Parallelen zu Borussia ziehen. Nachteil: Gerade die Gegner nehmen Gladbach jetzt immer ernst.

JOHNSON Man merkt das, wenn andere Trainer oder Spieler über uns reden. Das macht uns natürlich stolz, aber wir können uns auch selbst gut einschätze­n und wollen erstmal das erfüllen, was wir uns vornehmen. Es spielt sicherlich auch eine Rolle, dass die Gegner hoffen, wir würden es durch das Lob etwas lockerer angehen lassen. Aber wir wissen, dass in der Bundesliga jeder jeden schlagen kann.

Wie gut ist Borussia denn wirklich?

JOHNSON Gute Frage. Ich würde ja jetzt sagen: Das werden wir am Ende der Saison sehen.

Das wäre zu einfach. Fassen wir zusammen: ein richtig gutes Spiel gegen Köln, eine gute Halbzeit gegen Augsburg und drei schwierige Halbzeiten.

JOHNSON Letzten Endes wäre es sicher egal, wenn wir sechs schlechte Halbzeiten gespielt hätten, aber neun Punkte hätten. Die Wahrheit sieht leider anders aus. Frankfurt hat es, wie gesagt, auch gut verteidigt. Wir müssen zusehen, dass wir uns Chancen herausspie­len und die auch nutzen.

Ist der Saisonstar­t eine nervige Zeit, weil alles so schnell auf der Kippe steht? Zur Halbzeit in Augsburg hatte Borussia virtuell die maximale Ausbeute, jetzt ist vor dem Spiel gegen Leipzig schon von einem möglichen Fehlstart die Rede.

JOHNSON Wir gehen ins Spiel gegen Leipzig, um zu gewinnen, und beschäftig­en uns nicht mit anderen Szenarien.

Für Sie wäre es aber hilfreich, mal ein paar Minuten zu bekommen?

JOHNSON Ich will natürlich jedes Spiel machen, ob gegen Leipzig, Stuttgart oder Dortmund. Aber so geht es jedem von uns.

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ARCHIVFOTO: PÄFFGEN So würde Fabian Johnson künftig wieder gerne häufiger zu sehen sein: Beim Torjubel für seine Borussia.

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