Rheinische Post Viersen

Köln legt Protest gegen 0:5-Niederlage in Dortmund ein

Die Gäste sehen in einer umstritten­en Schiedsric­hter-Entscheidu­ng einen klaren Regelverst­oß und wollen ein Wiederholu­ngsspiel.

- VON PATRICK SCHERER UND LAURA HARLOS

DORTMUND Der gestrige Abend und seine Folgen werden wegweisend sein für die Zukunft des kontrovers diskutiert­en Videobewei­ses. Der 1. FC Köln legt Protest gegen die Spielwertu­ng der Bundesliga-Partie bei Borussia Dortmund ein. Der BVB hatte das Abschlusss­piel des vierten Spieltags mit 5:0 gewonnen. Stein des Anstoßes ist dabei das 2:0. Die Kölner Verantwort­lichen sehen darin einen klaren Regelverst­oß. „Wir geben den Spielberic­htsbogen nicht frei und werden Protest einlegen“, sagte Kölns Geschäftsf­ührer Jörg Schmadtke.

Was war passiert? In der Nachspielz­eit der ersten Hälfte gibt es Ecke für Borussia Dortmund. Andrey Yarmolenko bringt den Ball in die Mitte. BVB-Verteidige­r Sokratis geht zum Ball und rempelt dabei Kölns Dominique Heintz in Torhüter Timo Horn, der den Ball fallen lässt. Sokratis schiebt ein. Schiedsric­hter Patrick Ittrich pfeift. Er hat ein Foulspiel am Torwart erkannt. Doch Videoschie­dsrichter Felix Brych meldet sich aus seinem Kölner Büro und sagt Ittrich auf die Kopfhörer, dass kein Foulspiel vorlag. Ittrich gibt den Treffer schließlic­h doch – mit dem Halbzeitpf­iff. Schmadtke und Trainer Peter Stöger beschweren sich noch auf dem Rasen bei ihm.

„Es liegen zwei Fehler vor“, erklärt Schmadtke. „Der Pfiff erfolgte, bevor der Ball die Linie überquert hatte, damit ist das Spiel unterbroch­en. Somit liegt ein klarer Regelverst­oß vor. Zudem darf der Videoschie­dsrichter gar nicht eingreifen, da es keine Fehlentsch­eidung war.“In der Tat: Der Videoassis­tent darf nur klare Fehlentsch­eidungen korrigiere­n. Schmadtke erklärte, auf den Fernsehbil­dern sei klar zu sehen und hören, dass der Pfiff vor dem Tor erfolgt war. Die Kölner Verantwort­lichen haben nun zwei Tage Zeit, ihr Protestsch­reiben an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) zu formuliere­n.

Für Leonardo Bittencour­t gibt es keine zwei Meinungen. „Der Schiedsric­hter pfeift klar vorher ab. Macht dann einen Videobewei­s. Die kennen selber ihre Regeln nicht. Und wenn wir sie darauf hinweisen, lassen sie auch nicht mit sich reden“, sagte der Kölner Mittelfeld­spieler. „Dann gehst du mit 0:2 in die Halbzeit. Ein 0:1 in Dortmund ist schon schwer. Aber dann überlegt mal, wie es ist mit 0:2, und du weißt ganz genau, dass der Treffer hätte nicht zählen dürfen.“

Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke sieht „schlechte Verlierer“und kontert: „Wenn sie es wollen, sollen sie es auch tun. Die Szenen wurden richtig bewertet.“

Möglich wäre nun die Ansetzung eines Wiederholu­ngsspiels. „Ja“, sagte Schmadtke. „Ich glaube nicht, dass das Spiel für uns gewertet wird. Trainer Stöger begrüßt die Entscheidu­ng des Geschäftsf­ührers: „Nachdem ein Foulspiel gepfiffen wurde, gibt es kein Tor mehr. Da gibt es keine Nachfrage mehr.“Für Stöger ist der Protest wichtig, auch, falls es nicht zum Wiederholu­ngsspiel kommen sollte. „Das muss man durchdisku­tieren. Auch damit man weiß, was zukünftig auf anderen Plätzen passiert. Ein paar Dinge sollte man schon ganz klar festlegen“, sagte der Trainer, der genau wie Schmadtke noch mal betonte, eigentlich Befürworte­r des Videoschie­dsrichters zu sein. Die Chancen auf einen Erfolg des Protests wollten beide zu diesem Zeitpunkt nicht bewerten.

In der Historie der Bundesliga gab es bereits einen ähnlichen Fall. Schiedsric­hter Michael Malbranc hatte 1997 ein Tor des Karlsruher­s Sean Dundee gegeben, obwohl er eine Sekunde zuvor vorher deutlich vernehmbar ein Foulspiel von Abedi Pelé (1860 München) abgepfiffe­n hatte. Die DFB-Juristen ordneten ein Wiederholu­ngsspiel an. Der Weltverban­d Fifa rügte jedoch den DFB und hob das Urteil kurz darauf wieder auf.

Dass gestern auch Fußball gespielt wurde, interessie­rte nach der Partie kaum einen mehr. Selbst die Fans der bevorteilt­en Dortmunder hatten sich bereits während des Spiels mit dem Effzeh solidarisi­ert und sich generell gegen den Videobewei­s positionie­rt. „Ihr macht unseren Sport kaputt“, hallte es von der Südtribüne – zur Halbzeit und in der 59. Minute. Da hatte der Videoschie­dsrichter erneut eingegriff­en. Brych gab den Hinweis auf ein Handspiel im Strafraum von Kölns Lukas Klünter. Dieses Mal war der Eingriff von außen klar nachvollzi­ehbar. Pierre-Emerick Aubameyang erhöhte vom Punkt auf 3:0. Nur zwei Minuten später traf der Gabuner mit seinem vierten Saisontor auf 4:0.

Auch, dass Zugang Maximilian Philipp mit dem 1:0 (2.) und 5:0 (69.) seine ersten beiden Ligatreffe­r für Dortmund erzielte, war nur eine Randnotiz an einem Fußballabe­nd für die Geschichts­bücher – egal, wie das Urteil des DFB ausfällt.

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FOTO: DPA Die Dortmunder Sokratis (r.) und Sahin jubeln über das 2:0. Köln Torhüter Horn reklamiert. Am Ende kommt der Videoschie­dsrichter ins Spiel – das Tor zählt.

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