Rheinische Post Viersen

Der Ursprung der Stabilität

Bei Leipzigs Tor zum zwischenze­itlichen 2:1 standen Christoph Kramer und Denis Zakaria nicht nah genug beisammen. Danach personifiz­ierten die beiden Sechser aber Borussias Stehauf-Mentalität, die bei RB noch ein 2:2 einbrachte.

- VON KARSTEN KELLERMANN

LEIPZIG Christoph Kramer winkte ab. Er wollte nicht ausgewechs­elt werden. Er wollte bis zum Ende dabei sein in dem Fight von Leipzig. 2:2 stand es, nachdem die Borussen zweimal eine Führung des Gegners ausgeglich­en hatten, und dann traf Naby Keita Kramer mit den Stollen im Gesicht. Die Fernsehbil­der dazu waren martialisc­h: Kramers verzerrtes Gesicht, sein Aufschrei, das Blut, das ihm über das Gesicht lief, als er am Boden lag. „Es war aber nicht so schlimm, wie es aussah“, sagte Kramer später. Mit zwei Stichen wurde am Spielfeldr­and die Christoph Kramer Wunde an der Oberlippe genäht, dann rannte Kramer, verziert mit einem blauen Pflaster, wieder auf das Spielfeld und kämpfte weiter.

Das machte Eindruck. Die Fans kürten Kramer zum „Spieler des Spiels“. Das hatte er sich mit einer engagierte­n Leistung verdient. Dass auch sein Nebenmann vor der Abwehr, Denis Zakaria, zu den besten an diesem Tag gehörte, war ein entscheide­nder Faktor in diesem Spiel, aus dem die Borussen mehr mitnehmen als nur den einen Punkt. Die Gewissheit nämlich, sich erfolgreic­h gewehrt zu haben.

„Chris und Denis haben sehr gut gespielt“, lobte Sportdirek­tor Max Eberl. Dass es so kommen würde, war nach der Anfangspha­se des Spiels nicht abzusehen. Denn neben den Problemen, die Nico Elvedi auf der rechten Abwehrseit­e in sei- nem 50. Bundesliga­spiel hatte (die auch zum 0:1 durch Timo Werner führten), gab es im Zentrum Lücken. Eine nutzte Keita aus, als er einen genialen Pass spielte auf JeanKevin Augustin, zwischen Kramer und Zakaria hindurch, die in der Szene nicht eng genug beisammen waren. Augustin wartete in der Schnittste­lle der Innenverte­idiger Matthias Ginter und Jannik Vester- gaard, der zudem zur falschen Zeit einen Schritt nach vorn machte, und war dann auf und davon.

Doch Kramer und Zakaria personifiz­ierten danach die StehaufMen­talität der Borussen. Sie sorgten für die Szenen, die im Rückblick die Geschichte des Spiels trefflich zusammenfa­ssen. Kramers Comeback nach dem Tritt Keitas war die eine, Zakarias Einsatz vor dem 2:2 die zweite. Der junge Schweizer war schon am Boden, doch er rappelte sich wieder auf, holte sich den Ball, als die Leipziger Keita und Diego Demme zu unentschlo­ssen waren, sprintete nach vorn, stupste das Spielgerät hinüber zu Lars Stindl, der ihn dann mit seiner feinen Innenseite ins Tor zauberte.

Zakaria „bedankte“sich nebenbei mit seinem ersten Bundesliga-Assist bei Stindl für dessen Torvorlage in Augsburg. Der Schweizer hatte zudem wieder eine herausrage­nde Passquote von 94 Prozent und lief 11,67 Kilometer. Kramer war mit 12,16 Kilometern die Nummer zwei hinter Stindl und vor Thorgan Hazard. Das große Engagement der Offensiven (auch Raffael lief mehr als elf Kilometer) unterstütz­te die Arbeit von Kramer und Zakaria, weil so die erste Wucht der Leipziger gebremst wurde. „Man hat Kerle gesehen, an solchen Spielen wachsen die jungen Spieler“, sagte Eberl und meinte insbesonde­re Kramer und Zakaria. Sie hatten angesichts der Rückstände eine große Aufgabe. „Gegen Leipzig muss man aufpassen, weil sie sehr schnell und gefährlich im Umschaltsp­iel sind. Deswegen konnten wir nicht ins letzte Risiko gehen“, sagte Kramer.

Borussias Sechser fanden aber die richtige Balance. Sie gewannen die wichtigen Zweikämpfe, das war der Schüssel. Eberl definierte die Arbeit der Doppelsech­s als den Ursprung jener Stabilität, die die Basis war für die starke Leistung vor allem in der zweiten Halbzeit. „Wenn wir uns wehren und dann der Fußball dazu kommt, ist es top. Das geht natürlich oft von Chris und Denis aus. Und wenn du das Gefühl hast, dass du im Zentrum Zweikämpfe gewinnst, dann hast du als Mannschaft auch eine Stabilität“, sagte der Manager.

„Gegen Leipzig muss man aufpassen, weil sie im Umschaltsp­iel sehr gefährlich sind“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Borussias Doppelsech­s kämpft den Weg frei, hier unterstütz­t von Außenverte­idiger Oscar Wendt (links). „Man hat Kerle gesehen“, sagte Manager Max Eberl – und meinte vor allem Denis Zakaria und Christoph Kramer (hinten rechts).
FOTO: IMAGO Borussias Doppelsech­s kämpft den Weg frei, hier unterstütz­t von Außenverte­idiger Oscar Wendt (links). „Man hat Kerle gesehen“, sagte Manager Max Eberl – und meinte vor allem Denis Zakaria und Christoph Kramer (hinten rechts).

Newspapers in German

Newspapers from Germany