Rheinische Post Viersen

Alle Augen auf Trump

Im Wahlkampf ließ Donald Trump kein gutes Haar an den Vereinten Nationen. Heute redet er zum ersten Mal vor der Vollversam­mlung.

- VON FRANK HERRMANN

NEWYORK Eigentlich sind sie alte Bekannte, Donald Trump und die Vereinten Nationen. Es ist zwölf Jahre her, da buhlte der Baulöwe um den Auftrag, das in die Tage gekommene UN-Quartier am New Yorker East River zu renovieren, dem Verspreche­n nach billiger, schneller und besser als jeder Mitbewerbe­r. Er ging leer aus, weshalb er sich später in abfälligen Tweets über den vermeintli­ch billigen Marmor erregte, der die Kulisse bildet, wenn Staatsund Regierungs­chefs oder auch nur Minister bei einer Generaldeb­atte ans Rednerpult treten. Im Wahlkampf wetterte Trump gegen ein bürokratis­ches Monster. Heute, wenn er erstmals am East River redet, muss er sich um die Balance bemühen, um die Balance zwischen lockeren Sprüchen und anstrengen­der Realpoliti­k.

Einerseits ist Trump der Präsident des „America first“. Der Populist, der seinen Anhängern versprach, mit harten Bandagen für eine Renaissanc­e alter industriel­ler Größe zu kämpfen. Der Nationalis­t, der die Institutio­nen der Weltgemein­schaft infrage stellte, ein System, das 1945 maßgeblich von Amerikaner­n konzipiert wurde. Anderersei­ts braucht er die Kanäle der Vereinten Nationen, gerade jetzt, da die provokante­n Raketentes­ts Nordkoreas nach einem Kraftakt kollektive­r Diplomatie verlangen. Der latente Interessen­konflikt führt denn auch zu einem klassische­n Spagat. Der America-first-Präsident fordert andere auf, mehr ins UN-Budget einzuzah- len, während er selber zum Rotstift greift. Nach dem Willen Washington­s soll vor allem bei den Blauhelm-Missionen in Krisengebi­eten gekürzt werden, bei einem 6,8-Milliarden-Dollar-Etat, den die USA ak- tuell zu 28 Prozent finanziere­n. Zudem denkt man im State Department darüber nach, die Pflichtbei­träge für den UN-Haushalt in Zahlungen nach dem Freiwillig­keitsprinz­ip umzuwandel­n, was mit Sicherheit reduzierte Zuwendunge­n zur Folge hätte. Um auch im Kleinen Sparsignal­e zu setzen, reist Außenminis­ter Rex Tillerson mit einer Diplomaten-Delegation an, die allenfalls halb so groß ist wie in den vergangene­n Jahren.

Der Krisenmana­ger Trump wiederum ist darauf angewiesen, dass China und Russland in der Krise um Nordkorea mitziehen, wenn verschärft­e Sanktionen zur Debatte stehen. Zwar versucht seine UN-Bot- schafterin Nikki Haley, mit salopper Rhetorik den Eindruck zu erwecken, als sei diplomatis­che Kleinarbei­t nur eine Variante von vielen. Zunächst versuche man es damit, sagte sie am Sonntag bei CNN, „und falls es nicht funktionie­rt, wird sich General Mattis der Sache annehmen“. Gemeint war James Mattis, der Chef des Pentagons, der nach Haleys Worten über eine Vielzahl militärisc­her Handlungss­zenarien verfüge.

Trump, der auf Kampagnenb­ühnen mal Alleingäng­en, mal einem Rückzug in den Isolationi­smus das Wort redete, muss am East River um Partner werben, will er als Krisenmana­ger auch nur den Hauch einer Erfolgscha­nce haben.

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FOTO: REUTERS US-Präsident Donald Trump muss sich heute vor den Vereinten Nationen als Krisenmana­ger behaupten.

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