Online-Boom spaltet deutschen Einzelhandel
DÜSSELDORF (dpa) Der deutsche Einzelhandel wird immer mehr zur Zweiklassengesellschaft. Bei den meisten größeren Handelsketten klingeln dank guter Konsumstimmung in Deutschland die Kassen. An vielen kleinen Fachhändlern geht die Kauflust der Bundesbürger dagegen spurlos vorbei. Sie leiden massiv unter der wachsenden Konkurrenz des Online-Handels.
„Die Schere zwischen Groß und Klein geht im Einzelhandel immer weiter auseinander“, sagte HDE- Hauptgeschäftsführer Stefan Gent. Der Einzelhandel befinde sich in einem „massiven Strukturwandel“, wie er in kaum einer anderen Branche zu beobachten sei. Nach einer Prognose des Handelsverbandes Deutschland (HDE) dürften rund 50.000 Läden zwischen 2015 und 2020 vom Markt verschwinden. Wichtigster Auslöser dafür ist Genth zufolge das Internet.
Dabei laufen die Geschäfte im deutschen Einzelhandel in diesem Jahr dank steigender Einkommen vieler Menschen und einer RekordErwerbstätigkeit besser als erwartet. Der HDE erhöhte seine Wachstumsprognose für das Gesamtjahr. Er rechnet nun für 2017 mit einem Umsatz von 501 Milliarden Euro. Das wäre ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bisher hatte der Branchenverband lediglich zwei Prozent Zuwachs erwartet.
Doch kommt das Wachstum nicht überall an. Vor allem größere Handelsunternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten profitieren von der Kauflust der Bundesbürger. An kleineren Unternehmen geht das Wachstum dagegen oft vorbei. Das hat vor allem einen Grund: den Boom des Online-Handels. Er ist nach wie vor der größte Wachstumstreiber in der Branche. Die Umsätze im Internet dürften nach HDE-Schätzungen in diesem Jahr erneut um rund zehn Prozent auf 48,7 Milliarden Euro wachsen.
Große Handelsketten wie Deichmann, H&M, Media Markt und Saturn haben daraus Konsequenzen gezogen und Millionen in den Ausbau ihrer Internetpräsenz gesteckt. Sie verkaufen ihre Produkte längst parallel im Netz und im Laden. Kleinere Fachhändler können da oft nicht mithalten. Oft fehlen grundlegende Voraussetzungen für ein konkurrenzfähiges Online-Angebot wie ein modernes Warenwirtschaftssystem. Genth: „Weniger investitionsstarke Betriebe fühlen sich vom Wachstumstrend abgehängt, während große Unternehmen vom Boom des E-Commerce profitieren.“