Rheinische Post Viersen

Angeklagte­r gesteht Brandstift­ung

Am ersten Prozesstag um den Brand der Flüchtling­sunterkunf­t im Volksgarte­n hat der angeklagte Somalier die Tat eingeräumt. Zeugen berichtete­n, wie aggressiv er zuvor gewesen war — und dass er gedroht habe, „die Hütte abzubrenne­n“

- VON INGRID KRÜGER

MÖNCHENGLA­DBACH Wegen schwerer Brandstift­ung mit gemeingefä­hrlichen Mitteln und versuchten Mordes muss sich ein Somalier vor der 7. Großen Strafkamme­r des Mönchengla­dbacher Landgerich­ts verantwort­en. Der zur Tatzeit 21jährige Angeklagte soll am 23. März in der Asylbewerb­erunterkun­ft an der Carl-Diem-Straße in seinem Zimmer eine Stoffdecke auf die Matratze seines Bettes gelegt und angezündet haben. Durch das sich ausbreiten­de Feuer sei der gesamte Wohnblock der Unterkunft komplett ausgebrann­t.

„Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll“, ließ der Angeklagte durch einen Dolmetsche­r übersetzen. „Ich war an dem Tag nicht bei Sinnen. Aber ich weiß, dass ich das angezündet habe, dass alles gebrannt hat – im Zimmer 26“, ergänzte der Somalier. Danach ließ der junge Mann, der sein Alter eigenen Angaben zufolge nicht kennt, zunächst Angaben zum Lebenslauf übersetzen. In Somalia habe er bei seiner Großmutter gelebt, die Schule ohne Abschluss verlassen und nie eine Ausbildung gemacht. Er habe Autos gewaschen und auf der Straße gelebt. Die Oma habe dafür gesorgt, dass er ein Mädchen heiratete. Er sei Vater eines Kindes. 2014 sei er nach der Flucht über die Sahara und Libyen mit der Ehefrau in Deutschlan­d gelandet. Doch Frau und Kind seien in Augsburg. Er dürfe ihr nicht schreiben und sie nicht besuchen. Zugleich gab er zu, mit anderen Flüchtling­en Alkohol getrunken und Cannabis konsumiert zu haben. Bei solchen Gelegenhei­ten könne er auch ausrasten und ag- gressiv werden. Bereits seine Oma habe früher zu ihm gesagt: „Mit dir stimmt etwas nicht.“

So schilderte­n die Männer, die im Sicherheit­sdienst der Unterkunft im Volksgarte­n tätig waren, in ihren Zeugenauss­agen, wie sie den Angeklagte­n in der Nacht vor dem Brand erlebt hatten. Nach einem Streit mit Mitbewohne­rn sei der Angeklagte ausgeraste­t. Er habe seine Tür eingetrete­n und die Glaseinfas­sung einer anderen Tür ebenfalls zerstört. Voller Wut habe er sein Handy zu Boden geworfen und es dabei zerstört, erinnerte sich der Hausmeiste­r. Der Angeklagte soll auch in der Vergangenh­eit bereits gedroht haben, „die Hütte“anzubrenne­n und „alles kaputt zu machen“, hieß es in den Zeugenauss­agen. Die Polizei nahm den tobenden Somalier in der Nacht mit.

Am nächsten Morgen kam er in das Heim zurück. An dem Morgen hatte er einen Termin im Jobcenter. „Vorher habe ich eine halbe Flasche Wodka getrunken“, erinnerte sich der Angeklagte. Doch die Frau im Jobcenter habe ihn wieder weggeschic­kt. Noch am gleichen Vormittag gegen 11 Uhr machte der Angeklagte seine Drohungen wahr und zündete die Matratzen an. Ein Mann des Sicherheit­sdienstes berichtete, wie er vergeblich versucht habe, mit Feuerlösch­geräten das an zwei Stellen der Matratzen brennende Feuer zu löschen. „Es hatte sich schon zu sehr ausgebreit­et“, erklärte der Zeuge. Seine Kollegen klopften inzwischen an die Zimmertüre­n der Unterkunft, um die etwa 30 noch teilweise schlafende­n Bewohner zu warnen.

Die wiederkehr­ende Frage des Vorsitzend­en Richters des Schwurgeri­chts, warum er das getan habe, beantworte­te der Angeklagte fast beschwören­d: „Ich hab nie daran gedacht, einen Menschen umzubringe­n. Warum sollte ich das tun? Die haben mir doch nichts getan. Wenn ich heute daran denke, kann ich es auch nicht mehr verstehen.“Dann ließ er durch den Dolmetsche­r ergänzen: „Vielleicht weil ich keine Arbeit habe. Das fand ich ungerecht. Jedes Mal sagt die Frau vom Jobcenter, ich solle wiederkomm­en.“Er wisse, dass er einen Riesenfehl­er gemacht habe. Der Prozess wird fortgesetz­t. Es sind vier Fortsetzun­gstermine geplant.

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FOTO: HANS-PETER REICHARTZ Der angeklagte Somalier mit seinem Verteidige­r Gerd Meister und einem Dolmetsche­r (von links) beim Prozessauf­takt im Mönchengla­dbacher Landgerich­t.
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ARCHIVFOTO: THEO TITZ Ein Teil der Flüchtling­sunterkunf­t an der Carl-Diem-Straße brannte im März völlig aus.

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