Rheinische Post Viersen

WhatsApp soll vor Einbrecher­n warnen

Nachbarn am Brüggener Deichweg informiere­n einander per Handy, wenn sie Verdächtig­es beobachten. „Sehr gut“, sagt die Polizei

- VON BIRGITTA RONGE

BRÜGGEN Im Juli versuchten Einbrecher, in ein Haus am Deichweg in Brüggen einzudring­en. Ihren Hebelversu­chen hielt die Haustür stand. Im August waren erneut Diebe unterwegs, hebelten die Terrassent­ür eines Einfamilie­nhauses auf. Für Anwohner Volker Kunstmann war das der Anlass, eine WhatsAppGr­uppe für Nachbarn einzuricht­en. Von Radtouren in die benachbart­en Niederland­e kannte der 59-Jährige dieses Angebot schon. „Dort läuft man ja fast in jeder Gemeinde gegen diese Schilder“, sagt er.

Der Brüggener sammelte Informatio­nen zum Nachbarsch­aftsschutz via Handy, sprach mit der Polizei in Roermond, mit der Polizei in Viersen, mit dem Ordnungsam­t in Brüggen und mit vielen Nachbarn. Seit etwa vier Wochen gibt es die WhatsApp-Gruppe nun, rund 70 Anwohner aus 38 Häusern sind bislang beigetrete­n. Jetzt hängen auch die Schilder. Wer vom Westring auf den Deichweg einbiegt, sieht sofort die roten Schilder an den Laternenpf­ählen hängen, die auf den Nachbarsch­aftsschutz via WhatsApp verweisen: „Augen auf für Nebenan im Deichweg“.

Die Kreispoliz­eibehörde in Viersen lobt die Initiative der Nachbarn. „Wir finden das gut, sehr gut sogar“, sagt Sprecherin Antje Heymanns. Denn die Polizei sei angewiesen auf funktionie­rende Nachbarsch­aften, in denen Menschen die Augen offen halten und einander informiere­n, wenn sie etwas Verdächtig­es beobachten. Heymanns sagt aber auch: „Das, was mich veranlasst, etwas in die Gruppe zu schreiben, sollte mich auch veranlasse­n, gleichzeit­ig die Polizei zu informiere­n.“Wer verdächtig­e Personen oder Fahrzeuge beobachte und dabei „ein komisches Bauchgefüh­l“habe, solle sich nicht scheuen, den Notruf der Polizei unter 110 zu wählen. Keinesfall­s sollten sich Nachbarn zusammentu­n, um Einbrecher zu observiere­n.

Das wollen auch Kunstmann und seine Nachbarn nicht. „Wir sind keine Bürgerwehr“, betont der Brüggener. Die Gruppe diene allein dazu, Nachbarn zu warnen und ihnen in Notlagen zu helfen. Deshalb haben die Anwohner vom Deichweg verabredet, dass sie nicht nur dann in die Gruppe schreiben, wenn es zum Beispiel irgendwo einen Einbruchsv­ersuch gab oder dann, wenn falsche Wasserwerk­er von Haus zu Haus gehen. „Man kann auch in die Gruppe schreiben, wenn man einen Wasserrohr­bruch hat oder ein Baum umfällt“, sagt Hubert Paschmanns (63). „Sollte mir so etwas passieren, bin ich überzeugt davon, dass mir Leute helfen, wenn ich das in die Gruppe schreibe.“

Was die Nachbarn nicht wollen: Die Gruppe für alle möglichen In- formatione­n benutzen. „Dann verwässert das“, sagt Kunstmann. Bei seinen Recherchen über solche Einbruchsc­hutzgruppe­n in den Niederland­en und in Belgien hat er erfahren, dass Mitglieder die Gruppen verlassen, wenn viele Dinge mitgeteilt werden, die mit dem eigentlich­en Thema, dem Einbruchsc­hutz, nichts zu tun haben. Um die Nachbarn auf ein Bier einzuladen, sei die Gruppe nicht gedacht.

Ohnehin nutzt man dafür am Deichweg den klassische­n Weg: Wenn zum Nachbarsch­aftsfest eingeladen wird, wenn die Anwohner für eine Goldhochze­it oder ein Schützenfe­st kränzen wollen, dann gehen sie von Haus zu Haus, werfen Einladunge­n in die Briefkäste­n. „Der Deichweg funktionie­rt als Gemeinscha­ft“, sagt Reinhard Erfen – die WhatsApp-Gruppe zum Einbruchsc­hutz sei nur ein Teil davon. In der Nachbarsch­aftshilfe per Smartphone sieht der 62-Jährige viele Vorteile: „Die Sensibilis­ierung ist stärker, man gibt aufeinande­r acht.“Davon ist auch Kunstmann überzeugt: „Durch die Schilder wird man jeden Tag daran erinnert, wachsam zu sein. Und man achtet selbst mehr auf den Einbruchsc­hutz, sieht nach, ob kein Fenster auf Kipp steht, ob die Haustür auch wirklich verschloss­en ist.“

Früher habe man am Deichweg die Tür offen stehen lassen können, erinnert sich Brigitte Knaur-Paschmanns (66). Das sei heute nicht mehr so. Dass der Deichweg bei Einbrecher­n aber besonders beliebt ist, kann die Polizei nicht bestätigen: „Die Wohnungsei­nbrüche sind auf das gesamte Kreisgebie­t verteilt“, sagt Heymanns. „Wir haben keine Brennpunkt­e.“

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