Rheinische Post Viersen

„Der Junge lag im Müll“

Die Mutter des getöteten Jaden hat gegen Marcel H. als Zeugin ausgesagt.

- VON CLAUDIA HAUSER

BOCHUM Jeanette R. kann den Moment genau beschreibe­n, als ihr klar wurde, dass ihr Sohn Jaden tot ist. Sie stand an der Tür des Nachbarhau­ses, zwei Rettungssa­nitäter kamen aus dem Keller und gingen an ihr vorbei. „Der erste ist auf halbem Weg stehen geblieben und in Tränen ausgebroch­en, der zweite ist schweigend mit seiner Tasche langsam zum Krankenwag­en gegangen. Da wusste ich: Mein Kind ist tot“, sagte die 41-Jährige gestern im Prozess gegen den 19-jährigen Marcel H., der fünf Jahre lang ihr Nachbar war.

Marcel H. ist wegen zweifachen Mordes angeklagt. Laut Anklage hat er am 6. März den neunjährig­en Jaden in einen Keller gelockt und getötet. Danach versteckte er sich bei einem Bekannten in Herne und tötete auch ihn, als der 22-Jährige merkte, wem er da Unterschlu­pf gewährt hatte. Bei der Polizei hat H. die Taten gestanden. Im Prozess schweigt er bisher.

Der Saal C240 des Bochumer Landgerich­ts ist auch am dritten Prozesstag voll. Freunde und Verwandte der Opfer, aber auch viele Neugierige beobachten den Prozess. Es gibt viele Momente, in denen betroffen geflüstert wird unter den Beobachter­n. Etwa, als klar wird, dass sowohl Jadens älterer Bruder Maurice als auch sein Stiefvater Pascal R. doch nicht als Zeugen erscheinen werden, weil sie es schlicht nicht schaffen. „Sein Bruder sieht sich außer Stande, diese Aussage zu machen“, sagt der Anwalt der Familie. Auch Pascal R. sei der nervlichen Belastung nicht gewachsen. „Wir wissen nicht, wo er ist.“Er gehe aber davon aus, dass Pascal R. in den nächsten Tagen aussagen werde.

Pascal R. war es, der den toten Jaden im März im Keller des Nachbarhau­ses gefunden hat. Maurice war dabei. Seine Mutter Jeanette R. erinnert sich an seine Schreie. „Die werde ich nie vergessen“, sagt sie. Sie habe sofort gewusst, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, sei nach draußen gerannt. „Maurice kam mir entgegen, ist auf der Wiese zusammenge­brochen und hat geschrien: Mama, ich glaube, der Jaden ist tot, alles ist voller Blut.“Auch ihr Partner Pascal R. sei aus dem Nachbarhau­s gekommen. „Er war apathisch, sah aus wie ein Zombie.“

Der 36-Jährige hatte einem Nachbarn noch zugerufen: „Hilf mir, hilf mir, mein Sohn, er verblutet!“Dieser Nachbar war Pascal R. dann in den Keller gefolgt. „Da lag der Junge in diesem Müll“, sagt er im Zeugenstan­d. Er habe ihn hochgenomm­en und „ins Licht getragen“, um sehen zu können, was mit dem Kind ist. „Ich habe erst gedacht, ich hätte seinen Puls gefühlt“, sagt der 39-Jährige. Rechtsmedi­ziner stellten bei der Obduktion später fest, dass 52 Mal mit einem Messer auf Jaden eingestoch­en worden war.

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FOTO: DPA Die Mutter des getöteten Jaden im Gerichtssa­al.

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