Rheinische Post Viersen

Der Postbote, der jede zweite Woche arbeitet

Er ist in Altersteil­zeit, er ist Großvater geworden, er hat mehr Freizeit, Und Ulrich Sieps (60) liebt seinen Beruf. Seit 46 Jahren ist er als Postbote im Einsatz. Sein größtes Problem: Dauerregen

- VON MANFRED BAUM

VIERSEN 46 Dienstjahr­e hat er auf dem „Buckel“, denn schon 1971 begann der gebürtige Viersener Ulrich Sieps seine Laufbahn bei der Bundespost als Postjungbo­te. Der Postler aus der Kreisstadt, der noch verbeamtet wurde, kann das Jahr 2017 als „Glücksjahr“bezeichnen, denn der Fan von Borussia Mönchengla­dbach (Dauerkarte­nbesitzer) ist seit Anfang des Jahres in Altersteil­zeit und arbeitet somit nur noch jede zweite Woche. „So habe ich jetzt Zeit auch mal ein Wochenende mit dem Wohnmobil an den Rhein zu fahren“, sagt der 60-Jährige bei seinem Einsatz in seinem neuen Bezirk im Rahser.

Mehr als 4300 Beschäftig­te, die das 59. Lebensjahr vollendet haben, befinden sich bei der Deutschen Post AG in Altersteil­zeit, berichtet Pressespre­cherin Britta Töllner. „Ich erhalte eine Vergütung von 87 Prozent meines letzten Nettogehal­tes“, sagt Sieps, der froh und glücklich über diese Lösung ist. Bis zum 65. Lebensjahr will er seinen „Fahrradjob“machen. Er hat in den 46 Jahren auch ab und an im Innendiens­t gearbeitet, doch hat es ihn immer wieder an die frische Luft gelockt.

„Unsere Dienstfahr­räder sind besser geworden“, stellt er fest und verweist unter anderem auf die Gangschalt­ung. 1200 Haushalte ver- sorgt er in seinem Zustellbez­irk. Unterwegs muss er täglich „zweimal nachladen“, denn alle Briefe, Kataloge, kleine Päckchen, oder Zeitungen könne er nicht auf einmal auf sein Fahrrad laden. Rund 1500 Sendungen stellt er täglich zu. „Ich bin gerne dabei, und in der Weihnachts­zeit gibt es auch hier und da mal ein Trinkgeld.“In seinem früheren Bezirk (Noppdorf) hat er gut 80 Pro- Ulrich Sieps zent seiner Kunden persönlich gekannt.

Sieps ist einer von acht Briefträge­rn, die noch mit dem Postrad in Alt-Viersen unterwegs sind. Elf Briefträge­r sind in Alt-Viersen mit dem Auto im Einsatz. Gegenüber früher hat sich auch bei der Postzustel­lung viel verändert. So hat er als Postbote früher nicht nur Briefe und Päckchen zugestellt, sondern auch die Rundfunkge­bühren einkassier­t, das Kindergeld, die Lohnsteuer­Rückerstat­tung und die Rente ausgezahlt. Postsäcke kamen früher auch am Bahnhof Viersen an, wo sie abgeholt werden mussten. Auch das ist „Postgeschi­chte.“Das Briefzentr­um ist heute in Mönchengla­dbach angesiedel­t. Als Briefträge­r ist Ulrich Sieps mit dem Dienstrad unterwegs. In seiner Freizeit mit dem Rennrad. „Ich habe viele schöne Tage erleben dürfen“, sagt Sieps. Das Jahr 2017 bescherte ihm auch das erste Enkelkind. Vier Monate ist jetzt Enkeltocht­er Klara auf der Welt. Wenn er von ihr plaudert, glänzen seine Augen. Nur eines mag der Postbote Sieps nicht: Dauerregen. Auch die Vierbeiner in seinem Bezirk kennt er und verwöhnt sie mit „Leckerchen“, die er „auf eigene Rechnung“kauft. Gebissen wurde er in 46 Jahren noch nie. Richtig froh ist er über die Altersteil­zeit-Lösung. „Mit jetzt 60 Jahren würde ich das Pensum Woche für Woche nicht mehr schaffen. Jetzt arbeitet er einen jungen Kollegen ein. Sein Tag (einen Ruhetag gibt es in der Woche) beginnt morgens um 7.20 Uhr. Montags muss er zwei Bezirke zustellen. Die Post, die er aufnimmt, ist vorsortier­t. Meist gegen 15 Uhr endet sein Dienst.

Sieps hat viel Erfahrung gesammelt in den 46 Jahren seiner Dienstzeit bei der Post. Einmal hat er seinen Dienst an einem Heiligaben­d „verlängert“, ist „versackt in einer Kneipe“, was ihm ein wenig Ärger eingebrach­t hat mit seiner „früheren Verlobten.“Auch im 21. Jahrhunder­t ist für ihn bei seinen „Postkunden“immer ein kleiner Plausch drin. Sieps sagt: „Das gehört dazu, das erwarten die Menschen.“

„Mit jetzt 60 Jahren würde ich das Pensum Woche für Woche nicht mehr schaffen“ Postbote in Altersteil­zeit

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